Verdis Totenmesse ist eine Mahnung an die derzeit so martialische Welt

Verdis Totenmesse ist eine Mahnung an die derzeit so martialische Welt

Zwei Kriege gefährlich nahe , eine insgesamt labile Weltlage, hasserfüllte Demonstranten auf den Straßen und als Zugabe noch  Novemberwetter von der garstigsten Sorte. Sich an diesem Abend zum Berliner Dom aufzumachen, um ein Konzert zu hören, fällt nicht leicht. Aber wie so oft ist es die Musik und ihre spirituelle Kraft, die wie Balsam auf die Seele wirkt und Einen aus dem Strudel der negativen Empfindungen befreit.

Giuseppe Verdis Requiem, vielfach, aber nicht zutreffend als seine beste Oper bezeichnet, entfaltet speziell in einem sakralen Raum besondere Wirkung. Im Berliner Dom nutzt man die Gegebenheiten des Raumes und platziert die Blechbläser für bestimmte Passagen in der ehemaligen Loge des Kaiserhauses, was einen erstaunlichen akustischen Effekt ergibt.

Das jugendliche Ensemble der Jungen Philharmonie Berlin, vom Dirigenten Marcus Merkel 2013 gegründet, bestreitet den Abend mit hoher klanglicher Kompetenz, auch den nicht unproblematischen Bedingungen des Sakralraumes wird es gerecht.

Die Hauptrolle in diesem Werk fällt dem Chor zu, bei dem renommierten Berliner Ernst-Senff-Chor entfalten die Chorpassagen gleichermaßen Wucht wie intimes Piano. Der Chor setzt einen hohen vokalen Standard und legt die Latte für das Solistenquartett hoch.

Barbara Kriegers Sopran, der auch über erstaunliche tiefe Register verfügt, dominiert das Ensemble und lotet den Messtext wie die Verdi’schen Kantilenen sensibel aber kraftvoll aus. Ihre Stimme verbindet sich optimal mit jener der kurzfristig eingesprungenen Mezzosopranistin Karis Tucker. Der Kärntner Tenor Mario Lerchenberger, Ensemblemitglied des Opernhauses Graz kann mit dem anspruchsvollen Tenorpart überzeugen, dem „Ingemisco“ gibt er gleichermaßen Innigkeit und Statur. Der Bassist Daniel Pannermayr, seit 2021 im Ensemble der Wiener Volksoper, fügt seine sonore Stimme geschmeidig in das Quartett ein.

In so eindringlicher Interpretation empfindet man das Werk als besonders kompakt und geschlossen. Sakralmusik in einer Kirche aufzuführen gibt dem Werk doch immer noch eine zusätzliche Dimension. Ein sichtlich berührtes Publikum applaudierte dankbar allen Beteiligten. Das Konzert war dem Andenken des kürzlich verstorbenen großen Wagnertenors Reiner Goldberg gewidmet.

Barbara Krieger (c) Martin Lengemann

Giuseppe Verdi
Requiem

Barbara Krieger  Sopran
Karis Tucker       Mezzosopran
Mario Lerchenberger  Tenor
Daniel Pannermayr  Bass

Junge Berliner Philharmonie
Ernst-Senff-Chor
Marcus Merkel  Leitung

Berliner Dom, 4. November 2023

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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