Sir Simon Rattles „Ring des Nibelungen“ geht in die dritte Runde

Sir Simon Rattles „Ring des Nibelungen“ geht in die dritte Runde

Als die Idee für dieses Ring-Projekt geboren wurde, war der Dirigent Simon Rattle noch nicht zum neuen Chefdirigenten des Münchner Orchesters ernannt, auch die Isarphilharmonie, ein provisorischer Konzertsaal, der den in Sanierung befindlichen Gasteig ersetzt, war noch Zukunftsmusik.

Nach einer von der Besetzung her suboptimalen Walküre steht Rattle in diesem Siegfried nun eine Riege von Spitzeninterpreten zur Verfügung. Michael Volle, derzeit praktisch der Wotan vom Dienst, liefert einen sonoren und stimmgewaltigen Wanderer ab, sein geschmeidiger Bass verfügt nicht nur über Biss, sondern auch über interessante Farben.

Mit schneidender Schärfe legt Peter Hoare den Mime an, sein kräftiger Tenor kann mit dem seines Ziehsohnes Siegfried in den gemeinsamen Szenen durchaus mithalten. Gemeinsam ist ihm und Simon O’Neill eine verbesserungswürdige Textverständlichkeit, leider ähneln sich die Stimmen auch ein wenig, was die Unterscheidung speziell im ersten Akt erschwert. Insgesamt gelingt O’Neill eine ausgezeichnete Leistung, sein Tenor, aber vor allem sein Vortrag haben durch die Corona-bedingte Zwangspause an Volumen und Format gewonnen. Franz Josef Selig stattet den Fafner mit kernigem Bass aus, das hat Kraft und Substanz. Bariton Georg Nigl liefert in seiner ersten Wagner-Partie eine interessante Charakterstudie des von Selbsthass zerfressenen Alberich, den man selten so facettenreich gehört hat.

Die griechische Sopranistin Danae Kontora kann mit frischem, glockenreinen Sopran als Waldvogel überzeugen und bildet einen schönen Kontrast zu den dominierenden Männerstimmen.

Eine Klasse für sich ist Gerhild Romberger als Erda. Romberger tritt fast ausschließlich als Konzertsängerin auf, ihr satter, voluminöser Alt strömt souverän und farbenreich, so wird die Erda zur zentralen Figur.

Der Joker der Besetzung ist allerdings Anja Kampes Brünnhilde. Kampe hat sich viel Zeit gelassen, ehe sie sich an die Brünnhilde wagte, inzwischen kann sie ihre reife und kontinuierlich gewachsene Stimme voll aufblühen lassen. Neben den sicher und klangschön gesetzten Spitzentönen besticht vor allem das fraulich warme Timbre ihres Soprans.

Simon Rattle steht mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ein durchaus Wagner-erfahrener Klangkörper zur Verfügung. Bereits Legende ist eine Gesamteinspielung des Ringes unter Bernard Haitink, Rattle hat also große Fußstapfen vor sich, die es zu füllen gilt. Sein Dirigat sorgt bei der gewaltigen Partitur für Transparenz, auch die Steigerungen im dritten Akt gelingen überzeugend und das Orchester kann seine hohe Qualität erneut unter Beweis stellen.

Das Provisorium Isarphilharmonie erweist sich ganz offensichtlich auch als Aufnahmestudio geeignet. Neugierig erwartet man bereits jetzt die Vollendung des Rattle-Ringes mit der Götterdämmerung. „Weißt Du, wie das wird?“

Richard Wagner
Siegfried

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Simon Rattle

BR Klassik 900 211

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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