Schönberg und Bruckner: Andris Nelsons begeistert mit einem kontrastreichen Programm

Schönberg und Bruckner: Andris Nelsons begeistert mit einem kontrastreichen Programm

Der lettische Dirigent Andris Nelsons, gern gesehener Gast am Pult der Berliner Philharmoniker, setzt diesmal zwei Werke auf das Programm, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Der Abend beginnt mit Arnold Schönbergs atonalem, 1942 im amerikanischen Exil entstandenen Klavierkonzert. In diesem Werk verletzt der Komponist an einigen Stellen bewusst die strengen Regeln der von ihm erfundenen Zwölfton-Musik, das geschieht aber eher zum Nutzen des trotz allem spröden Werkes. Aus kunstvoller Instrumentierung für das große Orchester schält sich der Klavierpart immer wieder dominant heraus, technisch ist das Werk für den Solisten eine große Herausforderung.

An diesem Abend ist der Solopart der japanischen Pianistin Mitsuko Uchida anvertraut. Sie gehört seit Jahrzehnten zu den führenden Klaviervirtuosen, ist neben Martha Argerich so etwas wie die „Grande Dame“ unter den Pianisten. Uchida ist mit der Musik der zweiten Wiener Schule bestens vertraut, ihr Spiel verrät höchste Kompetenz und Konzentriertheit. Es gelingt ihr, dem Dirigenten und dem gesamten Orchester den Spannungsbogen des knapp halbstündigen Werkes zu halten. Am Ende starker Applaus für die Solistin.

Mitsuko Uchida (Foto: Decca / Justin Pumfrey)

Anton Bruckners monumentale siebte Symphonie, zwischen 1881 und 1883 entstanden, gilt allgemein als Hommage an den von Bruckner sehr verehrten Richard Wagner. Schon im ersten Satz meint man stilistische Ähnlichkeiten zu entdecken, letztlich dominieren aber doch die für Bruckner charakteristischen feierlichen, dem Orgelklang vergleichbaren Passagen.

Das ungewöhnlich lange, den Rahmen der Symphonie beinahe sprengende Adagio wird allgemein Bruckners Trauer über den Tod Wagners im Februar 1883 zugeschrieben. Bruckner setzt in diesem Satz erstmals die so genannten Wagner-Tuben im Orchester ein, aber erst das Ende des Satzes, von Wagner-Tuben und Hörnern feierlich getragen, ist als direkte Reaktion auf die Nachricht von Wagners Tod entstanden.

Das kurze, charaktervolle Scherzo mutet wie ein apokalyptischer Tanz an, was durch die Streicherfiguren verstärkt wirkt. Erst am Ende löst sich die Spannung in einer ruhig ausgeführten Melodie.

Das Finale, in zügigem Tempo gespielt, enthält Zitate aus den vorangegangenen Sätzen und baut den feierlichen, triumphalen Schluss zu einer großartigen Apotheose auf. Mit dieser, 1884 in Leipzig von Arthur Nickisch uraufgeführten Symphonie erlebte Bruckner seinen lange ersehnten Durchbruch als Komponist.

Andris Nelsons erarbeitet derzeit mit „seinem“ Leipziger Gewandhaus-Orchester einen Bruckner-Zyklus für die Schallplatte. Man kann seinem Dirigat die intensive Beschäftigung mit Bruckner und seinem Werk durchaus anmerken, er strahlt in seiner Interpretation eine große Kompetenz und Sicherheit aus, die vom Orchester, für das Bruckners Symphonien zur musikalischen DNA gehören, dankbar aufgenommen wird, und in eine reife, berührende Aufführung münden. Langer, dankbarer Applaus.

Andris Nelsons, Foto: Marco Borggreve

Arnold Schönberg
Klavierkonzert  op.42

Anton Bruckner
Symphonie Nr.7 E-Dur

Berliner Philharmoniker
Andris Nelsons  Dirigent
Mitsuko Uchida  Klavier

Philharmonie Berlin, 8. Dezember 2022

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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