Christian Thielemann in der Philharmonie: Ein Spitzenmenü, das am Ende doch nicht schmeckt

Christian Thielemann in der Philharmonie: Ein Spitzenmenü, das am Ende doch nicht schmeckt

Christian Thielemann, selbst Berliner, ist ein sehr gern gesehener Gast bei den Berliner Philharmonikern. Für sein aktuelles Konzert wählte er, wenig überraschend, Wagner, Richard Strauss und Pfitzner. Dass an diesem unwirtlichen Dezemberabend dann aber doch nicht nur reine Freude aufkam, hatte mehrere Gründe. Wagners „Parsifal“ gehört zu den Domänen Thielemanns, aber das Vorspiel und der Karfreitagszauber stehen bei aller Klangmagie zu der Thielemann das Orchester antreibt, doch ein wenig isoliert im Raum. Trotz der guten Akustik des großen Saales, den magischen Klang des Bayreuther Festspielhauses vermisst man hier doch.

Richard Strauss letzte größere Komposition, die später so genannten „Vier letzten Lieder“ wurde erst nach dem Tod des Komponisten zu einem Zyklus gebündelt, ihre Uraufführung in London unter Wilhelm Furtwängler fand ausdrücklich in Memoriam des Komponisten und seiner Frau Pauline statt. Seither sind diese schönheits- und abschiedstrunkenen Orchesterlieder zu einem Kabinettstück für ambitionierte Sopranistinnen geworden. An diesem Abend erlebte man Camilla Nylund als Solistin. Bewundernswert sicher ihre Technik und ihre Textverständlichkeit, aber gestaltet hat sie die großen Gefühle, die Text und Musik hier transportieren, nicht. Christian Thielemann war leider bei der Begleitung ganz Gentleman und nahm, wohl der Sängerin wegen das Orchester auffallend zurück, speziell im letzten Lied „Im Abendrot“ blieb der vorgesehene spätromantische Klangrausch weitgehend aus.

Die anschließenden drei Orchestervorspiele zu Pfitzners erfolgreichster Oper „Palestrina“ weckten den Wunsch, das gesamte Werk wieder einmal auf einer Berliner Opernbühne zu erleben. Pfitzners spätromantische Musik kosteten Thielemann und das Orchester genüsslich aus, hier war der Dirigent wieder ganz in seinem bevorzugten Repertoire zu Hause. Als von der Oper abgekoppelte Konzertstücke wirken diese Vorspiele aber ein wenig verloren.

Als Abschluss wählte der Dirigent Arnold Schönbergs Orchestrierung von Bachs Präludium und Fuge Es-Dur, die von den Berlinern unter Wilhelm Furtwängler uraufgeführt wurde. Schönberg unternimmt den Versuch, dem Original Bachs durch die Einrichtung für großes Orchester ein breiteres Spektrum an Klangfarben zu verleihen. Für die Ohren des 21. Jahrhunderts klingt dieser Versuch doch recht aus der Zeit gefallen, musikhistorisch ist die Arbeit aber hoch interessant und gibt dem Orchester noch einmal die Möglichkeit zu glänzen.

Thielemann Programm-Idee, herausragende Kompositionen aus der Endphase der Romantik in ihrem Übergang zur Spätromantik gegenüber zu stellen, ist erkennbar, will an diesem Abend aber nicht recht aufgehen. Begeisterter Applaus am Ende, aber das beabsichtigte Souffle ist sitzen geblieben.

Foto: Christian Thielemann, (c) Matthias Creutziger

Richard Wagner
Parsifal
Vorspiel zum ersten Akt
Karfreitagszauber

Richard Strauss
Vier letzte Lieder

Hans Pfitzner
Drei Orchestervorspiele

aus der Oper Palestrina

Johann Sebastian Bach
Präludium und Fuge Es-Dur für Orgel

Orchestrierung von Arnold Schönberg

Christian Thielemann, Dirigent
Berliner Philharmoniker

Camilla Nylund, Sopran

Philharmonie Berlin, 15. Dezember 2022

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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