Leoš Janáčeks „Sache Makropulos“ Unter den Linden: Die Last von 300 Jahren

Leoš Janáčeks „Sache Makropulos“ Unter den Linden: Die Last von 300 Jahren

Diese Oper, nach dem erfolgreichen Theaterstück Karel Capeks entstanden, ist im Grunde ein Konversationsstück mit großer Textlastigkeit. Den internationalen Gepflogenheiten folgend spielt man das Werk heute auch im deutschen Sprachraum in der tschechischen Originalsprache, dank der Übertitelung ist der komplizierte Plot aber trotzdem verständlich.

Für die Berliner Neuinszenierung konnte man eine Reihe von Muttersprachlern gewinnen, die sich mit dem Text naturgemäß weniger plagen muss. Das gibt der Aufführung auch ein großes Maß an phonetischer Authentizität, denn Janáček komponierte seine Musik im Duktus der Sprache. Der Rest der Besetzung schlägt sich tapfer mit dem komplizierten Idiom.

Das Drama um eine komplizierte Erbschaft, die nur den äußeren Rahmen für die Tragödie der seit dreihundert Jahren unter wechselnden Namen lebenden Elena Makropulos bietet, hat der Komponist sehr komprimiert in drei relativ kurze Opernakte gepackt. Der Regisseur Claus Guth erzählt die Handlung auf zwei Ebenen, zum einen die realistischen Abläufe, zum anderen eine verfremdete, verrätselte Bilderwelt. Zwischen den Akten wird eine stumme Pantomime gezeigt, die spätestens nach einer Minute etwas zu nerven beginnt. Auch die Choreographie, welche die Nebenfiguren gelegentlich zu lebenden Bildern erstarren lässt, schöpft diese Idee ein wenig zu penetrant aus und verliert damit ihre Originalität. Insgesamt gelingt es Guth aber,das komplexe Geschehen stringent umzusetzen und eine dichte Atmosphäre zu schaffen. Daran, dass seine Figuren manchmal ein wenig zu handfest agieren, gewöhnt man sich im Laufe des Abends.

Marlis Petersen gibt an diesem Abend ihr Rollendebüt als Emilia Marty, bzw. Elena Makropulos. Es ist erstaunlich, wie die Sängerin ihren eigentlich zarten, lyrischen Sopran in den dramatischen Phasen der Partie weiten kann, und trotzdem noch nicht an ihre Grenzen zu stoßen scheint. Mühelos beherrscht sie auch darstellerisch die Szene und bildet das Zentrum der Aufführung.

Bo Skovhus (Jaroslav Prus), Marlis Petersen (Emilia Marty), Lara Mohns (Junge Marty)
(c) Monika Rittershaus

Neben ihr müssen naturgemäß die sie umschwirrenden Männer verblassen. Bo Skovhus gibt einen knorrigen Baron Prus, mit etwas sprödem Bariton. Seinen unglücklichen Sohn Janek verkörpert der Tenor Spencer Britten, Mitglied des Nachwuchsstudios des Hauses eindrücklich, und lässt für die Zukunft hoffen. Seine Freundin Krista findet in Natalia Skrycka eine prägnante Verkörperung. Äußerst präsent in Spiel und Gesang ist der Tenor Ludovit Luha als Albert Gregor, der eigentlichen männlichen Hauptperson der Oper. Bis in die kleinsten Rollen wurde engagiert gesungen und gespielt, man wurde Zeuge einer ausgezeichneten Ensembleleistung.

Simon Rattle, der an der Staatsoper bereits mehrere Janáček-Produktionen betreute, zeigt sich mit der Partitur vertraut und ist auch diesmal wieder ein kompetenter Sachwalter des Komponisten. Manche Passagen geraten ein wenig laut, sind aber Ausdruck einer permanenten dramatischen Steigerung, die so auch in dem Stück angelegt ist.

Insgesamt eine dichte, spannende Interpretation dieser Oper, die am Ende ohne alle Einschränkungen vom Publikum gefeiert wird, wobei die überragende Marlis Petersen verdient den größten Applaus erhält.

Foto: Marlis Petersen (Emilia Marty), Tänzer:innen
(c) Monika Rittershaus

Staatsoper Unter den Linden Berlin, 13. Februar 2022 PREMIERE

Leoš Janáček Die Sache Makropulos

Simon Rattle Musikalische Leitung

Claus Guth Inszenierung
Ètienne Pluss Bühnenbild
Ursula Kudrna Kostüme
Sebastian Alphons Licht
Sommer Ulrickson Choreographie

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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