Jonas Kaufmann kann Fußball-Arena – wie Musik zur Garnierung verkommt

Jonas Kaufmann kann Fußball-Arena – wie Musik zur Garnierung verkommt

Es ist mehr als legitim, dass der Fußballverein FC Bayern München seinen verstorbenen Superstar Franz Beckenbauer mit einer Trauerfeier der Superlative zur ewigen Ruhe verabschiedet. Wir befinden uns aber in München, und da muss das groß dimensioniert sein. Ein Verein, der schon einmal einen Spieler für einen dreistelligen Millionenbetrag „einkauft“, denkt eben in anderen Dimensionen. Da kann man eben auch keine Blaskapelle aufspielen lassen, des Landes und der Welt berühmtester Tenor muss her!

Jonas Kaufmann hat die Einladung, bei dieser Trauerfeier zu singen, als Ehre empfunden, und natürlich angenommen. Schließlich ist er wie der verewigte „Kaiser Franz“ echter Münchner, auch wenn er inzwischen mit anderem Pass (Republik Österreich) und Wohnsitz (Salzburg) unterwegs ist. Anlass und Ort schränken aber naturgemäß die Möglichkeiten der Programmgestaltung erheblich ein.

In den Charts der Trauerfeiern liegt nach wie vor das „Time to say goodbye“ uneinholbar vorne. Da Franz aber ein Herz für Italien hatte, erklingt es in der italienischen Version „Con te partirò“, was das Lied auch nicht besser macht. Keine Frage, Jonas Kaufmann ist derzeit in Topform und gibt dem Seichten, was es braucht: ein wenig Falsett, ein angedeuteter Schluchzer, und das war’s.

Im weiteren Verlauf der Feier erklingt noch Ennio Morricones Filmschlager „E più ti penso“, von Kaufmann gerade für seine Filmmusik-CD einstudiert.

Zum Abschluss probiert Kaufmann mit „Nessun dorma“ aus Puccinis „Turandot“ seinen Pavarotti-Moment. Die Arie gelingt ihm eindrucksvoll, aber das „Wow“, das Pavarotti seinerzeit damit auslöste, wollte sich in der Münchner Allianz Arena nicht so recht einstellen. Sport- und Opernfreunde sind eben nur bedingt kompatibel.

Das Aufgebot an Polit- und sonstiger Prominenz in der Arena war erstaunlich, und man fragt sich, ob bei allen Verdiensten Beckenbauers unbedingt Bundespräsident, Bundeskanzler und Innenministerin anreisen mussten.

Ein wenig bitter stößt einem auf, dass es mit Sicherheit für keinen Musiker, Dichter oder Maler in Deutschland eine vergleichbare Veranstaltung geben würde.

Der bis in die Knochen korrupte Spitzensport hat längst die Rolle der Hochkultur übernommen. Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder, kein Freund des Kleinteiligen, verstieg sich zum Satz „Gott schütze Franz Beckenbauer“, was nicht nur zu spät kam, sondern auch fatal an die Kaiserhymne „Gott erhalte Franz den Kaiser“ denken ließ.

Ob sich Jonas Kaufmann wohl gefragt hat, ob die Musik und sein Gesang nicht nur nebensächliche Garnierung für das Großevent waren? Am Ende bleibt nur die Frage: Wo war eigentlich der Papst?

Jonas Kaufmann © Sony

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

Update 21.1.2024

Zweimal hinsehen lohnt sich immer: Kein Wunder, dass Kaufmann im kalten Stadion so gut bei Stimme war. Alle drei Gesangsnummern waren als Playback eingespielt. Das erklärt auch, warum weder Orchester noch Chor im Stadion zu sehen waren.Kaufmann hat es nicht geschafft, die Lippen synchron zu bewegen. Ob das Abzug von der Gage bedeutet hat?

Menü schließen