Diese Rachmaninov-Edition ist eine gelungene, umfassende Werkschau des Komponisten

Diese Rachmaninov-Edition ist eine gelungene, umfassende Werkschau des Komponisten

Der 150. Geburtstag des Klaviervirtuosen und Komponisten Sergey Rachmaninov im April 2023 bot den Anlass für diese umfassende Präsentation seines Gesamtwerkes auf eindrucksvollen 32 CDs. Das Label DECCA hat dafür auch viele seiner bereits aus dem Katalog gestrichenen Einspielungen noch einmal aufgelegt, und das ist auch gut so.

Nicht wenige der hier versammelten Interpreten sind bereits verstorben, das Auswahlprinzip scheint hier die Qualität, nicht die Aktualität der Interpretation gewesen zu sein. Was fasziniert, ist die Reichhaltigkeit von Rachmaninovs Werk – ihn auf den Komponisten von Klaviermusik zu reduzieren, wird ihm nicht gerecht. Zu seinen Lebzeiten war der exilierte Russe als Klaviervirtuose international gefeiert, naturgemäß lag also auch der Schwerpunkt seiner Kompositionen auf Klavierwerken. Sie schließen aber auch Symphonien, Lieder und sogar Opern ein.

Die nach wie vor populärsten Werke sind seine vier Konzerte für Klavier und Orchester, von denen das dritte besonders erfolgreich war und ist. Diese Konzerte nehmen auch einen breiten Raum in der Edition ein. Neben den heute als Referenzaufnahmen geltenden Einspielungen mit Vladimir Ashkenazy unter André Previn und dem London Symphony Orchestra aus den 1970er Jahren finden sich alternative Einspielungen mit Byron Janis unter Kirill Kondrashin (1.), Sviatoslav Richter (2.), Martha Argerich (3.) und Zoltán Kocsis (4.), die Originalfassungen des 1. und 4. Konzertes sind von Alexander Ghindin unter Vladimir Ashkenazy zu hören.

Große Freude bereitet das Wiederhören der kompletten Liedkompositionen auf drei CDs mit der wunderbaren, längst verstorbenen Elisabeth Söderström und John Shirley-Quirk, kongenial begleitet von Vladimir Ashkenazy am Flügel.

Der Pianist Vladimir Ashkenazy bestreitet auch den Löwenanteil der Aufnahmen mit Werken für Klavier solo. Ergänzt von Mikhail Pletnev, Zoltán Kocsis, Jorge Bolet und Alexis Weissenberg erklingt Rachmaninovs umfangreiches kompositorisches Werk für „sein“ Instrument.

Auch als Dirigent des symphonischen Werkes Rachmaninovs tritt prominent Vladimir Ashkenazy hervor, neben der 1., der 3. Symphonie ist er auch Dirigent der Symphonischen Tänze und der Kantate „Kolokola“ (The Bells) mit den Gesangssolisten Natalia Troitskaya, Ryszard Karczykowski und Tom Krause.

Rachmaninovs Opern finden sich in aus den 90er Jahren stammenden Einspielungen mit dem Gothenburg Symphony Orchestra unter Neeme Järvi und einer authentisch russischen Besetzung, u.a. mit der Sopranistin Maria Guleghina (Aleko, Francesca da Rimini), und dem früh verstorbenen Tenor Sergei  Larin. Sogar das Fragment der nicht vollendeten Oper Monna Vanna ist in die Edition aufgenommen.

Einen weiteren Aspekt von Rachmaninovs Vielfältigkeit bieten die Aufnahmen seiner Chöre, Liturgien und Vespern. Der Komponist, der nach der Oktoberrevolution seine russische Heimat fluchtartig verließ, konnte sich in Deutschland, der Schweiz und zuletzt in den USA nie ganz akklimatisieren , die Sehnsucht nach der verlorenen Heimat zieht sich als Leitmotiv durch sein gesamtes Werk, das man der speziell russischen Romantik zuordnen kann. Kritik erntete der Komponist zu Lebzeiten für seine Ablehnung der neuen Musikformen, wie sie z.B. Schönberg eingeführt hatte. Er blieb Traditionalist im besten Sinne des Wortes.

Aufgenommen in die Sammlung sind auch Teile von Rachmaninovs originale Einspielungen eigener Werke, vor allem kurze Stücke und Transkriptionen. Ein wenig vermisst man die Aufnahmen der vier Klavierkonzerte mit dem Komponisten, die einen interessanten Vergleich mit zeitgenössischen Interpreten ermöglicht hätten.

Eine letzte CD ist  der Wiedergabe eines Interviews Vladimir Ashkenazys mit Rob Cowan über das Wesen der Russischen Romantik, speziell am Beispiel Rachmaninovs.

Insgesamt ist diese umfassende Werkschau des Komponisten hervorragend gelungen, sie erlaubt einen genauen Blick auf den gewaltigen Kosmos, den dieses Oeuvre umfasst. Die Vielzahl der hier versammelten Interpreten sorgt für interessante Vergleiche und stellt in sich eine Beleuchtung der jüngeren Rezeptionsgeschichte Rachmaninovs dar. Jeder wird für sich noch bisher Unbekanntes entdecken, womit der Zweck der Unternehmung bestens erfüllt ist.

Rachmaninov
The Complete Works

32 CDs

DECCA 478 6765

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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