Cavallis „Il Xerse“: Das „Ombra mai fu“ gibt es auch hier

Cavallis „Il Xerse“: Das „Ombra mai fu“ gibt es auch hier

Wenn vom Perserkönig Xerxes die Rede ist, denkt jeder Musikliebhaber sofort an Händel, dessen Oper „Xerxes“ und dabei speziell an dessen Arie „Ombra mai fu“, auch bekannt als Largo. Dessen Popularität ist ungebrochen, die Zahl der Bearbeitungen und teilweise geschmacklosen Arrangements nicht mehr überschaubar.

Weniger bekannt ist, dass der Komponist Francesco Cavalli ebenfalls eine Xerxes-Oper schrieb, den 1655 für den Karneval in Venedig komponierten „Il Xerse“. Den Librettisten Nikolò Minato haben beide Werke gemeinsam, also gibt es am Beginn der Oper ebenfalls die bewusste Arie, die in Cavallis Komposition sogar ähnlich klingt, sie wurde allerdings gut 80 Jahre vor Händels Werk geschrieben.

Als Produktion vom Teatro Verdi im Rahmen des Valle d’Itria Festivals 2022 in Martina Franca, gelangt nun diese Aufführung als Blu-ray in den Handel. In sehr schlichten, aber durchaus stimmigen Dekorationen wurde das Werk von Leo Muscato lebendig und verspielt auf die Bühne gebracht. Ihm gelingt der Spagat, zwischen heiteren und ernsten Handlungssträngen geschickt zu navigieren. Die Aufführung ist mit zwei Stunden und vierzig Minuten nicht gerade kurz, dass sie ihren Spannungsbogen nicht verliert, liegt aber natürlich in erster Linie an Cavallis eingängiger, dabei abwechslungsreicher Musik.

Ein kleines Inszenierungsdetail stört aber doch: die aus Soldatinnen bestehende Garde von Xerxes ist mit Maschinengewehren ausgestattet, und bei den häufigen Erwähnungen von Dolchen und Schwertern im Text sieht man auf der Bühne Schusswaffen. Das ist nicht nur historisch falsch, es ist auch unlogisch.

Die Sängerbesetzung ist ausgewogen, der neue Star der Counterszene, Carlo Vistoli kann in der Titelrolle glänzen, auch als Darsteller überzeugt er. Seine weiblichen Partner sind mit Ekaterina Protsenko (Amastre), Carolina Lippo (Romilda), Dioklea Hoxha (Adelanta) und Gaia Petrone in der Hosenrolle des Arsamene durchgängig gut besetzt.

Federico Maria Sardelli leitet das Orchestra Barocca Modo Antiquo umsichtig und kompetent. Die Aufführung wirkt insgesamt sehr authentisch, weil sich der Stil der Inszenierung der Epoche der Entstehung des Werkes anpasst, was- mit Ausnahme der Schusswaffen-  ästhetisch sehr stimmig wirkt.

Insgesamt eine interessante Begegnung mit einem Werk, das man gerne öfter auf der Bühne sehen würde.

Francesco Cavalli
Il Xerse

Orchestra Barocca Modo Antiquo
Federico Maria Sardelli

Dynamic 57983

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

Menü schließen