Zum Abgewöhnen: Tristezza Rusticana in Neapel mit Jonas Kaufmann und Elina Garanca

Zum Abgewöhnen: Tristezza Rusticana in Neapel mit Jonas Kaufmann und Elina Garanca

Die unter schwierigsten Bedingungen stattfindenden Versuche, so etwas wie ein Live-Erlebnis in Opernhäusern und Konzertsälen zu organisieren, treiben immer neue Blüten. In einer hoffentlich Covid 19-freien Zukunft werden wir vielleicht einmal kopfschüttelnd Konserven der Konserven ansehen und darüber lachen.

Freitag, 4. Dezember 2020, konnte, wer den Obolus von € 1,09 entrichtete, über facebook eine konzertante Aufführung von Mascagnis „Cavalleria Rusticana“, einem Dauerbrenner des veristischen Opernrepertoires, voraufgezeichnet beiwohnen.

An den Anblick leerer Zuschauerräume hat man sich fast schon gewöhnt, auch an Masken tragende Orchestermusiker. Choristinnen mit Mundschutz sind ein Novum, die Masken wurden aber am Freitag auch nicht vom gesamten Chor getragen. Als dann die Solistinnen auf dem Podium erschienen, war man von der farblichen Tristesse der Kostümierungen enttäuscht. Die Damen schienen sich auf mausgrau und schwarz geeinigt zu haben. Das färbte leider stark auf die Grundstimmung der kompletten, nur gut 70 Minuten dauernden Oper ab.

Die emotional aufgeladene Handlung des Einakters ist ein perfektes Vehikel für zwei Sängerstars, und mit solchen versuchte man auch in Neapel zu punkten. Jonas Kaufmann, der eine Woche zuvor in einer Münchner Bohème-Aufführung eine unbefriedigende Leistung bot, war als Turridu in Höchstform. Das Spinto-Fach liegt ihm viel besser als Rollen wie Rodolfo, denen er längst entwachsen ist. Seine gute Disposition an diesem Abend hatte leider nur den Nebeneffekt, dass er im forte brüllte. Da konnte einer vor lauter Kraft nicht gehen…

Foto: Jonas Kaufmann, (c) Teatro di San Carlo, Napoli

Seine Gegenspielerin Santuzza war mit Elina Garanca ebenfalls prominent besetzt. Stimmlich bewältigte sie die Partie souverän, nur leider wirkt sie immer so, als käme sie gerade aus dem Tiefkühlfach eines Kühlschranks. Sich mit Kaufmann über die Notenpulte grimmige Blicke zuzuwerfen genügt für ein sizilianisches Drama dann doch nicht. Mama Lucia war mit dem Altstar  Elena Zilio und die Lola mit Maria Agresta prominent und gut besetzt. Der tremoloreiche Alfio von Claudio Sgura konnte da nicht ganz mithalten, ebensowenig der Dirigent Juraj Valcuha, dem ein wenig der notwendige Kick fehlte.

Elina Garanca, (c) Teatro di San Carlo, Napoli

So erlebte man also Oper mausgrau, uninspiriert und vom Blatt gesungen. So gesehen schafft sich Oper ab!

Dass Jonas Kaufmann, Freitag bestens bei Stimme, seine Mitwirkung am Eröffnungskonzert der Mailänder Scala am Montag, 7. Dezember 2020, bei dem er nur eine Puccini-Arie hätte singen sollen, wegen „Indisposition“ absagte, verwundert dann doch. Gerade hatte er an der Pariser Oper eine Hörfunkaufnahme als Siegmund in Richard Wagners „Die Walküre“ abgesagt. Sänger haben es im Augenblick nicht leicht, aber Kaufmann irrlichtert im Moment doch sehr mit seinen Terminen. Will er so zum pop-up-Star werden?

Teatro di San Carlo, Napoli, 4. Dezember 2020

INAUGURAZIONE STAGIONE 2020/21
Pietro Mascagni
CAVALLERIA RUSTICANA

Foto: Teatro di San Carlo, Napoli (c)

Direttore | Juraj ValčuhaMaestro del Coro | Gea Garatti AnsiniSantuzza | Elīna GarančaCompare Turiddu | Jonas KaufmannAlfio | Claudio SguraMamma Lucia | Elena ZilioLola | Maria Agresta
Orchestra e Coro del Teatro di San Carlo
Esecuzione in forma di concerto

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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