Nach erfolgreichen dreizehn Jahren als Generalmusikdirektor, zehn Jahren auch Intendant des Opernhauses Leipzig, verabschiedet sich Ulf Schirmer nun. Als spektakulären Abschluss seiner Tätigkeit setzte er eine chronologische Aufführung sämtlicher Wagner-Opern an. Also bildete die Aufführung des Parsifal den Schluss-Stein des ambitionierten Vorhabens.
Die Inszenierung Roland Aeschlimanns, die schon einige Jahre alt ist, dient in ihrer Schlichtheit und klaren Personenführung als perfekte Basis für Gastsänger, die so nicht mit abstrusen szenischen Ideen zu kämpfen haben. An der Besetzung hatte das Haus für diesen besonderen Anlass nicht gespart. So konnte man als Gäste vier Weltklasse-Sänger erleben.
Als erstes muss man aber den Amfortas des Mathias Hausmann loben, der sich mit ausdrucksvollem Einsatz seines kräftigen Baritons mühelos unter den gastierenden Stars behaupten konnte. Auch die im „Parsifal“ sehr geforderten Chöre, inklusive der ausgezeichneten Blumenmädchen zeigten das Leipziger Haus auf erfreulich hohem Niveau.
Mit dem Gewandhaus-Orchester stand Ulf Schirmer außerdem ein Spitzenorchester zur Verfügung. Man befindet sich ja an Wagners Geburtsort, und macht seiner Musik alle Ehre.
Auffällig breit nimmt Schirmer die Tempi des ersten Vorspiels und Aktes. Die vorzüglichen Blechbläser leisten hier Außergewöhnliches, wie auch das gesamte Orchester auf höchstem Niveau spielt.
Gleich zu Beginn setzt René Pape mit wahrer Donnerstimme als Gurnemanz den Level für die gesanglichen Höhenflüge des Abends. Wunderbar textverständlich und sonor freut man sich, von dem Sänger nach höchst unglücklichen verbalen Äußerungen wieder Gesang in höchster Qualität zu hören.
Eine ähnlich eindrucksvolle Leistung ist der Klingsor Falk Struckmanns. Trotz fortgeschrittenen Alters kann er in der Charakterrolle des Bösewichtes überzeugen, setzt schneidende Akzente, die sich zu einem interessanten Rollenbild verdichten.
Das Traumpaar des Abends sind freilich Andreas Schager und Elena Pankratova. Selten hat man die große Szene des zweiten Aktes in solcher vokaler Intensität erlebt. Dieser Parsifal, diese Kundry glühen förmlich und steigern sich gegenseitig beinahe in Ekstase.
Es sei aber nicht verschwiegen, dass speziell Schager zum Teil eine Lautstärke entwickelte, die des Guten zu viel war. Befand man sich in der Achse seines tenoralen Strahls, so empfand man das nicht mehr als angenehm. Nicht zu überhören waren auch mehrere textliche Aussetzer , die er zwar geschickt überspielte, die aber durch die Übertitelung entlarvt wurden. Aber das sind wirklich nur kleine Einwände angesichts einer reifen und eindrucksvollen Leistung. Schager nimmt der Rolle des Parsifal in seiner Interpretation die ihr sonst eigene Passivität. In Elena Pankratova hat er eine kongeniale Partnerin, die ihren satten Mezzosopran sicher in hochdramatische Ausbrüche steigert.
Unnötig zu sagen, dass das von vielen ausländischen Gästen durchsetzte Publikum nach jedem Akt enthusiastischen Beifall zollte, die Ovationen am Ende für das gesamte Ensemble, die Solisten, vor allem aber für Ulf Schirmer wollten schier kein Ende nehmen. Das war Wagner in höchster Vollendung, seiner Geburtsstadt würdig
Richard Wagner
Parsifal
Gewandhausorchester Leipzig
Ulf Schirmer, Dirigent
Inszenierung Roland Aeschlimann
Besetzung:
Parsifal Andreas Schager
Gurnemanz René Pape
Amfortas Mathias Hausmann
Klingsor Falk Struckmann
Kundry Elena Pankratova
zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de