Yuval Sharon als Strippenzieher der “Zauberflöte” Unter den Linden

Yuval Sharon als Strippenzieher der “Zauberflöte” Unter den Linden
© Monika Rittershaus

Was die Staatsoper Unter den Linden dazu bewogen hat, neben der weiter im Spielplan verbleibenden traditionellen Everding-Inszenierung eine neue „Zauberflöte“ inszenieren zu lassen, wissen wir nicht.

Was wir nach dieser Aufführung wissen ist, dass dies keine gute Idee war. Man wird den Eindruck nicht los, es wäre neidisch auf die hinreissend originelle Produktion an der Komischen Oper geschielt worden. Dort waren Könner am Werk, hier offenbar Dilettanten . Anders kann man die unausgegorene, unentschlossene Produktion  nicht einordnen, die Yuval Sharon hier auf die Bretter gestellt hat, eigentlich muss man sagen: an die Strippen gehängt hat.

Mozarts Opern, speziell die Zauberflöte in Marionettentheatern aufzuführen, hat eine lange Tradition. Das über weite Strecken naive Zaubermärchen eignet sich auch bestens dafür, vorausgesetzt, man hat  gute Puppenspieler zur Verfügung. Was aber nun Unter den Linden veranstaltet wird, ist bestenfalls die Parodie eines Puppenspiels. Die bedauernswerten Sänger hängen an langen, dicken Strippen und werden etwas ruckelig bewegt, echte Interaktionen finden nicht statt. Dazu kommt, dass die Dialoge fast ausschließlich von Kinderstimmen aus dem Off gesprochen werden, was z.B. im Fall Sarastros lächerlich wirkt: hier vorpubertäres Kicksen, dort sonorer Bass.

Ohne ersichtlichen Grund dürfen sich die Sänger in einzelnen Szenen ohne Strippen bewegen: so Sarastro bei seiner zweiten Arie, die er in Alltagskleidung singt, so das Liebespaar Tamino/Pamina, das die Wasser- und Feuerprobe für die Herstellung einer Mahlzeit in einer ganz realistisch eingerichteten Küche nutzt.

Die gesamte Optik dieser Produktion kann ebenfalls nicht überzeugen, quietschbunt und schrill kommen die Bühnenbilder von Mimi Lien und Marc Löhrer daher, allzu abstrakt und unschön auch die Kostüme von Walter van Beirendonck.

Die musikalische Realisierung der Partitur war durch die Vorgaben der Inszenierung naturgemäß deutlich gehandicapt. Jedes Kind weiß, dass ein singender Mensch einen stabilen Standort braucht. An Stricken hängend ist das erheblich problematischer. Man hat den Sängern zusätzlich die Dialoge weggenommen, was die Gestaltung einer Rolle weiter einschränkt. Tapfer schlagen sich Julian Pregardien mit schönem lyrischen Tenor als Tamino, Anna Prohaska als Pamina etwas spitz und mit enger Höhe, Kwangchul Youn, der bessere Tage gesehehen hat, als Sarastro, und Tuuli Takala mit sicheren Spitzentönen für das höllische Kikeriki der Königin der Nacht.

Aus dem Rahmen fällt der Schauspieler Florian Teichtmeister, der den Papageno nur achtbar singt, dafür aber mit seiner schauspielerischen Präsenz zur zentralen Figur der Aufführung wird und den Abend rettet. Ihm allein ist es vorbehalten, seinen ausführlichen Sprechtext selbst vorzutragen. Die eingesprungene Dirigentin Alondra de la Parra rudert unermüdlich am Dirigentenpult, hat die Aufführung aber insgesamt gut im Griff, zum Ende hin nur ein wenig schleppend.

Berlin hat damit aktuell nun seine vierte Zauberflöte. Mozart und sein unsterbliches Werk werden auch diese Attacke überstehen!

Staatsoper Unter den Linden Berlin, 28. Februar 2019
Wolfgang Amadeus MozartDie Zauberflöte

Zuerst veröffentlicht bei www.klassik-begeistert.de

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