Trotz Studioeinspielung: Diese „Tosca“ klingt nach Blut, Schweiß und Tränen

Trotz Studioeinspielung: Diese „Tosca“ klingt nach Blut, Schweiß und Tränen

Das Cover dieser neuen Tosca-Einspielung zeigt ein von Blutstropfen überlagertes Bild der Engelsburg in Rom. Das steht sinnbildlich für die emotionale Intensität, mit der dieses höchst wirkungsvolle Drama im Studio umgesetzt wurde.

Zum Abschluss der Aufnahmesitzungen fand im April 2022 im Sendesaal des Funkhauses Berlin eine öffentliche Aufführung der Oper statt. Dabei konnte man erleben, wie der leidenschaftliche Einsatz aller Beteiligten das Konzertpodium zur Bühne machte und der dramatischen Wahrhaftigkeit des Stoffes Rechnung getragen wurde. In diesem Stück kommen sämtliche Protagonisten im Laufe der Handlung ums Leben, das kann man nicht nur in gepflegtem Schöngesang vermitteln.

Allen voran beweist Melody Moore in der Titelrolle, dass der eine oder andere spröde Ton der Glaubwürdigkeit ihrer Interpretation sogar dient. Mit sicherem dramatischen Instinkt gestaltet sie nicht nur das „Vissi d’Arte“,, in den Szenen mit Cavaradossi und Scarpia erweist sie sich jeweils als sensible Partnerin. Sie liefert eine Interpretation aus einem Guss, von den Mario-Rufen beim Auftritt bis zum hohen B vor dem Sprung in den Tod erlebt man ein Wesen aus Fleisch und Blut.

Auch Lester Lynch als bösartiger Baron Scarpia legt mehr Wert auf Authentizität, als auf Kantilenen, er beendet seine Rolle mit einem perfekten Todesröcheln. Leider ist das Timbre seines kräftigen Baritons etwas trocken und lässt interessante Farben vermissen. Das Glanzlicht der Besetzung bildet allerdings der rumänische Tenor Stefan Pop, der trotz seiner Jugend bereits auf den Gewinn mehrerer Wettbewerbe, darunter jenen von Operalia im Jahr 2010, sowie Engagements an ersten Häusern zurückblicken kann. Nach anfangs lyrischen Partien erobert er sich inzwischen das Spinto-Fach, man kann ihm getrost eine große Zukunft auf den Bühnen der Welt prophezeien. Es spricht für ihn, dass er die Kraft seiner sehr ansprechend timbrierten Stimme nicht rücksichtslos ausstellt, sondern dezent und geschmackvoll phrasiert, eine selten gewordene Tugend unter seinen Fachkollegen.

Die kleinen Rollen sind ebenfalls durchaus stimmig besetzt, dem Mesner von  Alexander Köpeczi hätte man vielleicht ein wenig mehr Gestaltungswillen gewünscht. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin zeigt sich auf gewohnt hohem Niveau, es kann also auch Oper. Der Dirigent Carlo Montanaro setzt die richtigen dramatischen Akzente. Der Rundfunkchor Berlin, ergänzt durch den Kinderchor der Deutschen Oper Berlin gibt dem Te Deum des ersten Aktes die erforderliche Wucht und Intensität.

Das Zusammenwirken dieses hervorragenden Teams hat tatsächlich eine Aufführung von Puccinis Erfolgsoper zustande gebracht, die den Vergleich mit älteren Aufnahmen und großen Namen nicht scheuen muss. Sie ist durchaus ein Kandidat für die Opernaufnahme des Jahres!

Giacomo Puccini
Tosca

Kinderchor der Deutschen Oper Berlin
Rundfunkchor Berlin
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin

Carlo Montanaro

PTC 5187 055

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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