Einen reichlich verrätselten Abend bietet die Berliner Staatsoper Unter den Linden mit der Uraufführung des Auftragswerkes von Beat Furrer, dem renommierten Schweizer Komponisten. Das etwa hundert Minuten dauernde Werk gibt sich unendlich bedeutungsschwanger, löst aber den nicht wirklich erkennbaren Plot nicht auf.
Zu Beginn sehen wir den Raum eines Museums, in dem das Gemälde „Jäger im Schnee“ des Niederländers Pieter Bruegel hängt. Eine Frau beschreibt Details des Bildes in seltsam zerhackter Sprache. Diese Sprechrolle, die den ganzen Abend durchzieht, wird von Martina Gedeck als Luxusbesetzung für einen reichlich verquasten Text verkörpert. In der Folge sehen wir Figuren aus dem Gemälde in Zeitlupe die Bühne überqueren. Sie mischen sich mit den fünf Sängern, die alle Vornamen tragen, welche aber nie ausgesprochen werden, und die den ganzen Abend nicht einen einzigen kompletten Satz von sich geben. Man erahnt, dass es sich um Ehepaare in einer innerlich bedrohlichen Situation handelt, und die von außen durch starken Schneefall in Bedrängnis gebracht werden. Es ist makaber, dass diese Uraufführung zeitgleich mit einer Schneekatastrophe in den Alpen stattfindet.
Furrer breitet im Orchester einen dichten Klangteppich aus, der durchaus harmonisch wirkt und sich gut mit den kurzen Gesangssequenzen verbindet, aber kaum je besondere Akzente setzt. Die Sängerbesetzung ist äußerst stimmig, so haben die hohen Soprane von Anna Prohaska und Elsa Dreisig keinerlei Probleme mit ihren etwas exponiert liegenden Partien. Gleiches gilt für die drei Baritone, allen voran Georg Nigl, aber auch Gyula Orendt und Otto Katzameier.
Claus Guth führt Regie, es bleibt ihm nichts anderes übrig, als einem vagen Text eine vage Realisierung zu verpassen. So geistern Solisten, Statisterie und Chor durch permanenten Schneefall auf der Suche nach einem tieferen Sinn, was weder den Beteiligten, noch dem Publikum recht gelingen will. Nach einer Stunde mehren sich im Publikum die Blicke auf die Uhr und nervöses Hüsteln.
Das Orchester spielte unter Matthias Pintscher mit einer Hingabe, die einem bedeutenderen Werk würdig gewesen wäre. Auch der gebündelte Einsatz aller Beteiligter kann über die eklatante Schwäche des Librettos nicht hinwegtäuschen. Sicher kein Abend für die Ewigkeit!
Violetter Schnee
Uraufführung am 13. Januar 2019
von Beat Furrer (Musik) und Klaus Händl (Text)
Zuerst veröffentlicht bei www.klassik-begeistert.de