“Rusalka” als glanzvolles Finale des Musikfestes Berlin

“Rusalka” als glanzvolles Finale des Musikfestes Berlin
©Sigtryggur Ari Johannssen

In seiner spätromantischen Oper Rusalka greift Dvorák auf den schon oft behandelten Melusinen-Stoff zurück. Eine Nixe will zu einer menschlichen Gestalt werden, scheitert aber dann in und an der Menschenwelt.

Dvorák bietet für seine erfolgreichste Oper große Orchesterbesetzung, einen Chor und eine Reihe von Solisten auf, deren Rollen äußerst dankbar sind, aber auch große und technisch gut gebildete Stimmen verlangen.

An diesem Abend stand kein einziger Muttersprachler auf dem Podium der Philharmonie. Selbst als dieser Sprache nicht Mächtiger hat man Zweifel, ob denn der phonetisch auswendig gelernte Text idiomatisch wirklich sauber gesungen wurde. Wichtiger aber ist das Begreifen und Nachschöpfen von Dvoráks schwerblütiger, dunkel leuchtender Klangwelt. Die war schon beim Dirigenten Robin Ticciati und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin bestens aufgehoben. Man konnte förmlich in dieser Fülle des Wohllautes baden und genießen.

Rusalka ist eine nicht leicht zu besetzende Partie. Einerseits soll das Lyrische der Musik deutlich gemacht werden, zum anderen aber schwingt sich die Rolle auch in dramatische Ausbrüche und Höhen auf. In Sally Matthews hatte man eine schlechthin perfekte Interpretin gefunden. Ihr warmer, runder Sopran trifft genau den spezifisch slawischen Ton dieser Musik und klingt auch in den extremsten Passagen noch unangestrengt und schön. Ein Ohrenschmaus!

Diese Idealbesetzung legt die Messlatte für ihre Partner natürlich hoch, aber kann auch anfeuernd und inspirierend wirken, was an diesem Abend durchaus der Fall ist. Schon der einleitende Auftritt der drei Elfen lässt aufhorchen: Noluvuyiso Mpofu, Anna Pennis und Alyona Abramova verfügen alle über ein großes stimmliches Potential, wobei zumindest erstere über einen weniger zungenbrecherischen Namen nachdenken sollte.

Patricia Bardon gibt der Gestalt der Hexe Jezibaba eindrucksvolle vokale Statur. An extremen Stellen wird der Ton manchmal schneidend, aber das ist schon in der Musik so angelegt.

Als fremde Fürstin setzt Zoya Tsererina ihren großen, dramatischen Sopran gekonnt und sicher ein, wobei manche hohen Töne allerdings messerscharf ausfallen und eine bedenkliche Dezibel-Zahl erreichen, insgesamt aber diese negative Figur treffend beschreiben.

Der Wassermann wird von Alexander Roslavets geradezu balsamisch schön gesungen und bildet so ein wichtiges Gegengewicht zu den dominanten hohen Stimmen dieser Oper.

Für die Rolle des Prinzen war Klaus Florian Vogt kurzfristig eingesprungen. Vogts monochrome, fast timbrelose Stimme bleibt aber der Partie doch Einiges schuldig. Da er fast ausschließlich mit der Kopfstimme singt, verstärkt sich der Eindruck des flachen, nasalen Tones noch. Zwar gelingen ihm ein paar kräftige Spitzentöne, die aber reichlich forciert und scharf klingen. Da ist kein Schmelz, keine Erdung, die Stimme zerfällt zunehmend in mehrere Segmente, die schlecht oder gar nicht miteinander verbunden sind. Der permanente Wechsel Vogts zwischen lyrischen und Heldentenor-Partien ist der Stimme nicht gut bekommen.

Der Rundfunkchor Berlin, der leider nur kurz zum Einsatz kommt, ist wie immer eine sichere Bank. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin in großer Besetzung spielt brillant und trifft die dichte Atmosphäre dieser Musik ausgezeichnet.

Zum Abschluss des Musikfestes in diesem Jahr also ein zu Recht heftig akklamiertes Finale!

Philharmonie Berlin, 19.September 2019
Antonín Dvorák, Rusalka (konzertante Aufführung)

Sally Matthews  Rusalka
Klaus Florian Vogt Prinz
Alexander Roslavets  Wassermann
Patricia Bardon  Jezibaba
Zoya Tsererina  Fremde Fürstin
Noluvuyiso Mpofu, Anna Pennis, Alyona Abramova  3 Elfen
Rundfunkchor Berlin
Michael Alber
  Choreinstudierung
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Robin Ticciati
  Dirigent

zuerst erschienen bei www.klassik-begeistert.de

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