Rossinis „Siege de Corinthe“ erklingt mit Längen

Rossinis „Siege de Corinthe“ erklingt mit Längen

Diese Oper wurde 1826 am Théâtre Italien in Paris uraufgeführt, dessen Direktor Rossini zu jener Zeit war. Wie schon mehrfach zuvor arbeitete der Komponist ein früheres Werk, „Maometto Secondo“, um, und passte es dem speziellen Pariser Operngeschmack an. Obwohl die Uraufführung erfolgreich verlief, und sich die Oper lange auf den Spielplänen hielt, erfuhr sie in späteren Jahren zahlreiche Veränderungen und Entstellungen, die von Rossini nicht autorisiert waren.

Das Rossini-Festival in Pesaro unternahm für die Produktion von 2017 nun viele Anstrengungen, die Originalpartitur zu rekonstruieren und das Werk in der französischen Originalfassung auf die Bühne zu bringen. Für die szenische Realisierung verpflichtete man die katalanische Theatergruppe La Fura dels Baus mit dem Regisseur Carlus Padrissa, die sich seit den 1970er Jahren große Popularität erworben hatte.

Gelobt wurde sie vor allem für ihre unkonventionelle und originelle Herangehensweise. Inzwischen hat sich dieser Stil aber ein wenig überlebt und wirkt streckenweise allzu bemüht. Die schrill bunten Kostüme, vor allem aber die aus überdimensionalen Wasserflaschen gebauten Versatzstücke, die eine Anspielung auf das rare und seltene Gut Trinkwasser darstellen sollen, ermüden vor allem in den ungekürzten Ballettmusiken. Ein wenig entsteht die Anmutung eines aus dem Ruder gelaufenen Kindergeburtstages.

Bedeutend ist dagegen die musikalische Realisierung des Projektes. Roberto Abbado gelingt es zwar nur bedingt, dem Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI den beschwingten, federnden Stil Rossinis zu entlocken, aber der exakte Coro del Teatro Ventidio Basso und vor allem die vorzüglichen Solisten lassen die nicht unerheblichen Längen der Oper vergessen.

Allen voran Luca Pisaroni als Maometto Secondo, dessen Zwiespalt zwischen Eroberer und Liebendem er mit geschmeidigem Bassbariton klangschön und überzeugend in das Zentrum der Aufführung rückt. Seine unerfüllte Liebe Pamyra wird von Nino Machaidze mit klarem, höhensicheren Sopran gestaltet. Ihr Vater Cléomène findet im Tenor John Irvin einen souveränen Interpreten.

Der zweite Liebhaber des Stückes, Néoclès, wird von Sergey Romanovsky mit wunderbaren Kantilenen seines Spinto-Tenors zur zentralen Figur. Diese Rolle wird in der italienischen Fassung von einem Mezzosopran verkörpert, Romanovskys großartige Leistung ist ein starkes Argument für die Tenor-Fassung. Man erinnert sich, dass der Sänger vor Jahren mit einem provokanten Striptease als Rigoletto-Herzog Furore machte.

Das Verdienst dieser Aufführung liegt in erster Linie in der Wiederherstellung der Originalfassung, aber am Ende sind es die brillanten Sänger, die selbst die hochkarätig besetzte Plattenaufnahme der 1970er Jahre vergessen machen, und das Ohr erfreuen.

Gioachino Rossini
Le siège de Corinthe

Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI
Roberto Abbado

staged by Carlus  Padrissa
La Fura dels Baus

Unitel C Major 765904

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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