Respighis „La Fiamma“: An der Bismarckstraße wird gehext

Respighis „La Fiamma“: An der Bismarckstraße wird gehext

Im Jahr 2009 erzielte die Deutsche Oper Berlin mit Ottorino Respighis erst posthum uraufgeführter Oper „Marie-Victoire“ einen respektablen Erfolg. Nun wagte man sich an das letzte vollendete Werk des 1936 verstorbenen Komponisten, „La Fiamma“.

Die Oper spielt im mittelalterlichen Ravenna, zu einer Zeit also, da Frauen oft schon aus nichtigem Anlass der Hexerei verdächtigt wurden, und nach kurzem Prozess auf dem Scheiterhaufen qualvoll endeten.

Die Handlung ist im adeligen Milieu angesiedelt, thematisiert aber hauptsächlich eine klassische Situation: Stiefmutter begehrt jugendlichen Stiefsohn, was unmittelbar zur Katastrophe führt und, dem damaligen Zeitgeist entsprechend zur Verurteilung der Hauptperson Silvana zum Feuertod wegen Hexerei führt.

Der Regisseur Christof Loy inszeniert das Drama optisch auf asketisches Schwarz reduziert, außer zwei Kandelabern verzichtet er auch komplett auf Versatzstücke. Im Hintergrund der leeren Bühne ist zeitweise ein Garten zu sehen, ansonsten liegt der Fokus allein auf den handelnden Personen und ihren Interaktionen. Das ist mutig, gelingt aber dank der engagiert agierenden Sänger ausgezeichnet.

Foto: La Fiamma, Serafin (c) Monika Rittershaus

Im ersten Akt kann einmal mehr die unverwüstliche Doris Soffel mit der Episodenrolle der Agnese di Cervia überzeugen. Großes Können kennt einfach kein Alter. Für die böse Schwiegermutter Eudossia setzt Martina Serafin ihren etwas scharf gewordenen dramatischen Sopran rollendeckend ein. Ihr Sohn Basilio wird von Ivan Inverardi mit vollem, satten Bass sehr nachdrücklich und glaubwürdig gestaltet. Sein Sohn Donello erhält von Georgy Vasiliev nicht ganz das Maß an Wohlklang, das seine Wirkung auf die Stiefmutter glaubhafter machen würde, schlägt sich aber insgesamt tapfer. In der kleinen Rolle der Monica gelingt es Sua Jo, das Herz des Publikums durch Schöngesang zu gewinnen.

Foto: La Fiamma, Soffel, Golovneva (c) Monika Rittershaus

Getragen wird der Abend aber von der russischen Sopranistin Olesya Golovneva, die anfangs verhalten, aber sich beständig steigernd, das Psychogramm einer von ihren Emotionen gequälten, unglücklichen jungen Frau in allen Facetten ihres großen, sich in der Höhe wunderbar öffnenden Soprans abbildet. Das ist, auch in der schauspielerischen Gestaltung, eine denkwürdige Leistung.

Am Pult waltet Altmeister Carlo Rizzi umsichtig, aber auch durchaus inspiriert. Der Chor der Deutschen Oper zeigt im Finale einmal mehr seine beeindruckende Qualität.

Die Einordnung von Respighis Musik fällt nicht leicht. Effekt macht sie allemal, aber einen hohen Wiedererkennungswert besitzt sie nicht. Der Komponist, der hauptsächlich mit Orchesterwerken bekannt wurde, versteht die Kunst der Instrumentierung, schreibt interessante Rollen für die Sänger, aber einen zündenden Einfall, der im Ohr bleibt, sucht man vergebens.

Publikumswirksam ist „La Fiamma“ in jedem Fall, bedarf aber auch erstklassiger Interpreten. Die gab es gestern zu bewundern, sie wurden vom Publikum auch verdient gefeiert.

Foto: La Fiamma, Vasiliev, Golovneva (c) Monika Rittershaus

Ottorino Respighi
La Fiamma

Silvana  Olesya Golovneva
Eudossia  Martina Serafin
Agnese  Doris Soffel
Basilio  Ivan Inverardi
Donello  Georgy Vasiliev

Regie  Christof LoyDirigent  Carlo Rizzi

Deutsche Oper Berlin, 29. September 2024, Premiere 

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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