In dieses Jahr fällt der 100. Todestag des Komponisten Engelbert
Humperdinck. Neben einer neuen Biographie würdigt nun auch die Deutsche
Grammophon den Schöpfer der unverwüstlichen Märchenoper „Hänsel und
Gretel“. Dass man Humperdinck aber beileibe nicht als
„Ein-Werk-Komponisten“ bezeichnen kann und darf, ist Kennern seiner
Musik nichts Neues, aber das vorliegende Doppelalbum wird hoffentlich
auch einem breiteren Publikum zu einem vertieften Verständnis dieser
originellen Persönlichkeit verhelfen.
Obwohl von Richard Wagner stark beeinflusst, gelang es Humperdinck
mit der Zeit immer deutlicher, sich von dem übermächtigen Vorbild zu
lösen und einen eigenständigen Stil zu entwickeln. Ein besonders
interessanter Beitrag für dieses Album ist Humperdincks Bearbeitung des
Tristan-Vorspiels für ein Kammermusik-Ensemble, hier interpretiert vom
Schumannn-Quartett und dem Pianisten Hinrich Alpers, der für die
künstlerische Konzeption der gesamten Edition verantwortlich zeichnet.
Eingeleitet wird die Zusammenstellung von Auszügen aus den beiden Shakespeare-Suiten, die als Bühnenmusik für Aufführungen des „Sturm“ in Berlin entstanden. Auszüge aus der großartigen Solti-Einspielung von „Hänsel und Gretel“ mit Lucia Popp und Brigitte Fassbaender, sowie aus den „Königskindern“ mit Jonas Kaufmann lassen den Opernkomponisten Humperdinck zu Wort kommen. Kombiniert sind hier neuere mit schon historischen Aufnahmen.
Eine Auswahl von Humperdincks Liedern wurden neu für das Album von
Hinrich Alpers am Klavier mit der Sopranistin Christina Landshammer
eingespielt, die Humperdinck auch als Meister in dieser Disziplin
zeigen. Die Sängerin verfügt über ein ansprechendes lyrisches Timbre,
nur leider lässt ihre Textbehandlung sehr zu wünschen übrig. Ohne den im
Booklet abgedruckten Text würde man kaum ein Wort verstehen.
Eine Welt-Ersteinspielung ist das kurze Klavierstück „Erinnerung“,
das dem Album den Namen gibt. Es entstand 1871 für das Poesiealbum von
Humperdincks früh verstorbener Schwester Ernestine, der er im
berührenden Adagio seines Streichquintetts in G-Dur von 1875 ein Denkmal
setzt. Auch hier ist Hinrich Alpers am Klavier mit dem
Schumann-Quartett zu erleben. Der Zyklus „Junge Lieder“ von 1898 und
eine Auswahl weiterer Lieder leiten über zu dem späten Streichquartett
in C-Dur, das im Jahr vor Humperdincks Tod vollendet wurde.
Spätestens bei diesem temperamentvollen und inspirierten Stück beginnt man zu bedauern, dass dieses Album nicht mehr von Humperdincks Kammermusik enthält. Neugierig geworden ist man jedenfalls auf mehr, so hat diese Hommage ihren Zweck erfüllt.
„Erinnerung. Homage to Humperdinck“
Deutsche Grammophon 483 9762
zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de
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