Wilhelmine Schröder-Devrient: Auf den Spuren einer Sängerstimme

Wilhelmine Schröder-Devrient: Auf den Spuren einer Sängerstimme

Der Autor Anno Mungen will dieses Buch keineswegs als Biographie des legendären Opernstars des 19. Jahrhunderts verstanden wissen. Untersucht werden in seiner akribisch erstellten Arbeit Dokumente über die Stimme, die Kunstleistung, die Medialität der Sängerin.

Ein solches Unterfangen stellt gut 160 Jahre nach dem Tod der Künstlerin eine Herausforderung dar. Möglich werden solche Untersuchungen nur durch erschöpfende Auswertung historischer Medien wie Zeitungen, zeitgenössische Memoiren und Biographien.

Der Autor leitet den Leser in chronologischer Form durch die Karriere der Schröder-Devrient, stets im Kontext ihrer Darstellungsweise, aber auch ihres persönlichen Einflusses auf bestimmte Komponisten. Richard Wagner sah in ihr das bedeutendste musikdramatische Talent seiner Zeit, drei Partien in Wagner-Opern wurden von Schröder-Devrient kreiert. Man kann davon ausgehen, dass der Komponist schon bei der Komposition und Konzeption der Partien des Adriano, der Senta und der Venus auf das stimmliche Profil der Sängerin Bezug nahm.

In vielen Fällen sind die von Schröder-Devrient erfolgreich gesungenen Opern heute vergessen, nur anhand des Notenmaterials konnten also teilweise jene Partien rekonstruiert werden, mit denen die Sängerin erfolgreich war. Das macht diese Arbeit musikhistorisch zusätzlich interessant und wertvoll.

Freilich ist die Beurteilung einer Gesangsleistung zu allen Zeiten sehr subjektiv ausgefallen, der Autor versucht hier eine Charakteristik der Stimme anhand historischer Rezensionen zu vermeiden. Es bleibt aber die Problematik, über eine Persönlichkeit, vor allem über deren Stimme zu urteilen, die kein heute lebender Mensch mehr persönlich erlebt hat.

Naturgemäß werden im Rahmen dieser Publikation auch biographische Details von Schröder-Devrients äußerst bewegtem Leben behandelt. Es darf die Frage erlaubt sein, ob eine umfassende Biographie der Sängerin unter Einbeziehung der hier abgehandelten Aspekte nicht sinnvoller gewesen wäre. Das Künstlerische und das Private haben sich speziell bei dieser Künstlerin stets überlappt.

Es existiert zwar eine Reihe von biographischen Arbeiten über die Sängerin, eine wissenschaftlich und historisch fundierte Biographie fehlt aber nach wie vor. Der Autor Anno Mungen, der sich bereits in zahlreichen Publikationen mit Schröder-Devrient beschäftigt hat, wäre dazu berufen, sofern ein solches Projekt nicht bereits angedacht ist. Es würde eine schmerzlich empfundene Lücke schließen.

Anno Mungen, Die dramatische Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient

Thurnauer Schriften zum Musiktheater Bd. 37
Königshausen & Neumann

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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