Ähnlich wie eine Fledermaus-Aufführung am 31. Dezember gehört das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker zu den unverzichtbaren Ritualen des Jahreswechsels in Wien.
Letzteres fiel pandemie-bedingt dieses Jahr naturgemäß sehr viel anders aus als gewohnt. Es fehlte das in der Regel mit viel lokaler und sonstiger Prominenz durchsetzte Publikum im Saal, die gewohnt üppigen Blumenarrangements erfreuten diesmal tatsächlich nur das virtuelle Publikum – und natürlich die ausführenden Musiker.
Maestro Riccardo Muti stand bereits zum sechsten Mal am Pult der Neujahrs-Philharmoniker, für ihn muss es beinahe schon business as usual gewesen sein, aber er hat längst den spezifischen Klang dieser Musik verinnerlicht – mit dem Orchester ist er ohnehin seit Ewigkeiten bekannt und vertraut, was sich im harmonischen Zusammenspiel erfreulich deutlich bemerkbar machte.
Was das Programm betrifft, ist das Spektrum der gespielten Werke traditionsgemäß auf die Strauss-Dynastie und ihre Zeitgenossen beschränkt, aber in diesem Kosmos gibt es auch immer wieder neue Entdeckungen zu machen, und Riccardo Muti ist kein Mann der Routine. Fast hätte man vergessen können, dass diese 63. Übertragung des Neujahreskonzertes eine Ungewöhnliche war. Seit Ewigkeiten wird es optisch durch Solisten des Staatsopernballetts aufgehübscht, die etwas unmotiviert durch berühmte Wiener Bauwerke tanzen. Nun ja, wem’s gefällt….
Eine rührende Idee war die Einblendung von virtuellem Applaus, flankiert von eingesandten Fotos der weltweit Applaudierenden in Form einer Kollage. Die Atmosphäre eines festlich gestimmten internationalen Publikums konnten sie aber doch nicht ersetzen.
Im nächsten Jahr wird Daniel Barenboim das Konzert leiten. Warum man ausgerechnet auf den Großmeister der Beliebigkeit zurück gegriffen hat, ist das Geheimnis der Philharmoniker.
Großer Musikvereinssaal, 1. Januar 2021
Wiener Philharmoniker
Riccardo Muti Dirigent
zuerst erschienen unter http://www.klassik-begeistert.de