Mit Vladimir Jurowski durch drei Jahrhunderte der Musikgeschichte

Mit Vladimir Jurowski durch drei Jahrhunderte der Musikgeschichte

An diesem bleigrauen Hochwintertag in Berlin erweist sich einmal mehr die Musik als die große Seelentrösterin. Auch für dieses Konzert hat Vladimir Jurowski ein interessantes und facettenreiches Programm ausgewählt.

Es beginnt mit einer Komposition der russischen Komponistin Jelena Firssowa, die in dieser Saison Artist in Residence des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin ist. Ihr Werk „Der Garten der Träume“ soll eine Hommage an den verehrten Landsmann Dmitri Schostakowitsch zu dessen 100. Geburtstag sein. An einigen Stellen versteckt sie kleine Zitate aus Werken des Meisters, das musikalische Motto ist DSCH, also die Initialen von Schostakowitsch. Besonders eindrücklich gelingen ihr großflächige Passagen für Streicher, darin ihrem verehrten Vorbild ähnlich.

Aus dem 21. Jahrhundert führt uns Robert Schumanns Konzert für Klavier und Orchester in a-Moll zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Konzert, dessen Klavierpart wohl für Schumanns Ehefrau Clara geschrieben war, und von ihr 1845 in Dresden uraufgeführt wurde, ist ein hoch romantisches Werk mit einem großen Spektrum an musikalischen Wendungen, wobei Schumann im ersten Satz auf eine frühere Komposition aus dem Jahr 1841 zurückgreift. Neben scharf profilierten Klavierpassagen überwiegt in dem Werk aber die geniale Verschmelzung von Soloinstrument und Orchester. Als Solist ist der koreanische Starpianist Seong-Jin-Cho zu erleben. Der noch sehr junge Pianist ist bereits Träger internationaler Preise und hat bereits einige Einspielungen auf CD vorgelegt. Sein Spiel verbindet die Leichtigkeit des Anschlags mit viriler Kraft und führt so diese Aufführung zu einem begeistert aufgenommenen Erfolg.

Als Hauptwerk des Abends erklingt Dmitri Schostakowitsch‘ 15. und letzte Symphonie.Viel wurde und wird über dieses in seiner unkonventionellen Formensprache widersprüchliche Werk gerätselt, letzte Antworten bleibt uns der Komponist schuldig. Fasznierend ist der sich durch alle vier Sätze ziehende beständige Wechsel der Form, zwischen den Tutti des groß besetzten Orchesters und kammermusikalischen, gar solistischen Passagen. Schostakowitsch überrascht immer wieder mit skurilen Einfällen, rätselhaft bleibt auch die Absicht, mit der mehrfach wiederkehrende Zitate von Rossini und Richard Wagner gänzlich unverfremdet auftauchen. Der über weite Strecken seiner künstlerischen Existenz zu Anpassung und Verstellung gezwungene Komponist führt uns in dieser seiner letzten Symphonie immer wieder in die Irre: meint man sich auf gesichertem Terrain, folgen unvorhersehbare Sprünge und Wendungen.

Das 40-minütige Werk stellt eine Herausforderung an die Konzentration und Aufmerksamkeit des Publikums dar, in der hinreissend konzentrierten und virtuosen Wiedergabe des Rundfunk-Sinfonieorchesters unter Vladimir Jurowski fesselt es die Zuhörer aber bis zum letzten Ton, ehe großer Jubel für alle Beteiligten losbricht.

Foto: RSB, Jurowski, Cho © PMeisel

Konzerthaus Berlin,
15. Januar 2022

Jelena Firssowa
„Der Garten der Träume“ (Hommage an Schostakowitsch) für Orchester op. 111

Robert Schumann
Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski
  Dirigent
Seong-Jin-Cho  Klavier

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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