Liederabend Marlis Petersen: Die Elfenkönigin hält Hof

Liederabend Marlis Petersen: Die Elfenkönigin hält Hof

Die Sopranistin Marlis Petersen versteht es, ihren Liederabenden eine besondere Note zu verleihen. Anders als üblich stellt sie ihre Programme nicht bezogen auf bestimmte Komponisten zusammen, sondern setzt bewusst Themen , zu denen sie dann passende Lieder aussucht. Es spricht für ihr Stilgefühl, dass die Zusammenstellung trotz der Vielzahl der Komponisten ungemein stimmig ausfällt.

Bei ihrem aktuellen Konzert im bestürzend schlecht besuchten Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin entführte sie das Publikum in gleich vier verschiedene Welten, neben der eigentlichen in die Innenwelt, Anderswelt und Neue Welt. An einigen Punkten des Programmes rezitiert sie auch gekonnt mit Goethe-Texten kombinierte eigene Gedanken und Verse.

Greift Petersen in der ersten Abteilung noch auf Bekanntes, wie Schumann, Schubert, und eines der Wagner’schen Wesendonck-Lieder zurück, so erweitert sie den Kreis der Komponisten danach um weniger Bekannte, oder Vergessene wie Karl Weigl, Hermann Zumpe, Yrjö Kilpinen. Erfreulich, dass in allen vier Abschnitten jeweils ein Lied von dem aktuell wieder entdeckten Hans Sommer zu hören ist, dessen Liedschaffen gerade eine verdiente Renaissance erfährt. Als einziger Zeitgenosse kommt Friedrich Gulda mit einem seiner Eichendorff-Lieder „Elfe“ zu Wort, das Fabelwesen Elfe hat es Petersen angetan, ihre Gestaltung des Elfenliedes von Hugo Wolf wird durch den charmanten und witzigen Vortrag zum Höhepunkt des Abends.

Die Künstlerin beeindruckt mit in allen Registern sicherem, gut fokussiertem Sopran, der den Herausforderungen bis hin zu Richard Strauss‘ fordernden Kantilenen souverän gewachsen ist. Besonders hoch anzurechnen ist ihre saubere Diktion, die perfekte Textverständlichkeit macht den Abdruck der Texte im Programmheft beinahe entbehrlich. Petersen ist eine Gestalterin großer Klasse, jedes Lied erzählt eine kleine Geschichte. Mehr als nur eine begleitende Funktion hat der Pianist und Liedbegleiter Stephan Matthias Lademann. Die subtilen Töne, die er dem Steinway-Flügel entlockte, verbanden sich mit Petersens ausdrucksstarkem Sopran in perfekter Harmonie.

Am Ende erinnert Petersen daran, dass Richard Strauss am Tag des Konzertes seinen 159. Geburtstag hat. Sie nimmt das zum Anlass, seine „Zueignung“ mit leuchtender Emphase vorzutragen, der perfekte Abschluss eines wunderbaren Abends. Dass nur so wenige Besucher den Weg zum Konzert gefunden haben, erschüttert doch etwas. Liederabende sind selten geworden, gerade deshalb sollte man sie dankbar annehmen.

Marlis Petersen (Foto: Yiorgos Mavroloulos)

Kammermusiksaal, Philharmonie Berlin, 11. Juni 2023

Marlis Petersen, Sopran

Stephan Matthias Lademann, Klavier

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

Menü schließen