„La Forza del Destino“ beim Maggio Musicale: Wie man ein Werk zerstört

„La Forza del Destino“ beim Maggio Musicale: Wie man ein Werk zerstört

Diese Aufführung des Maggio Musicale vom Juni 2021 in Florenz konnte nach längerer Pause wieder vor Publikum stattfinden. Die Freude darüber dürfte dem Publikum aber schnell vergangen sein. Für die Inszenierung dieser etwas sperrigen Verdi-Oper zeichnet Carlus Padrissa mit der Katalanischen Theatertruppe Fura  dels Baus. Seit Jahren tourt und inszeniert die Truppe europaweit Werke verschiedener Genres bis hin zur Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona, und wurde vielfach ausgezeichnet.

Was aber aktuell mit dieser Inszenierung dem Publikum zugemutet wird, ist bestenfalls dilettantisch und lässt Einen doch sehr an der Professionalität der Ausführenden zweifeln. Drei Stunden lang wird in nur angedeuteten Bühnenbildern mit Tänzern und Statisten ein Szenario entwickelt, in dem die Solisten der Oper hilflos, von der Regie völlig im Stich gelassen herumirren. Zwei Schritte rechts, zwei Schritte links, mehr wird nicht gewagt. Dazu müssen die Sänger Kostüme tragen, die von erlesener Geschmacklosigkeit sind. Italiener, berühmt für ihre Geschmacksicherheit , können sich nur mit  Grausen abwenden.Die Aufführung nur mit geschlossenen Augen anzuhören, ist in diesem Fall aber auch keine befriedigende Lösung. Zwar steht mit Zubin Mehta  ein Dirigent der Spitzenklasse am Pult, auch die Leistung des Orchesters und Chores des Maggio Musicale ist auf der Habenseite zu verbuchen. Dass Mehta aber stellenweise auffallend schleppt, erweist sich als sehr notwendige Hilfestellung für die Sänger. Der Tenor Roberto Aronica als Alvaro hat mit der Partie seine liebe Not. Die Stimme ist hörbar schlecht fokussiert, neben einem störenden Tremolo wird sein Tenor im Forte schnell eng, um Spitzentöne muss man bangen. Sein Gegenspieler Don Carlo wird von Armatuvshin Enhbat mit ziemlich trockenem Bariton gesungen, Wohlklang ist nicht die herausragende Stärke dieser Stimme. Für den sorgt schon viel eher der erfahrene, schon über 70jährige Ferruccio Furlanetto als Padre Guardian, der den jüngeren Kollegen eine Lektion in Verdi-Gesang erteilt. Dass seine sonore Bassbariton-Stimme inzwischen ein starkes Vibrato aufweist nimmt man da gerne in Kauf. Äußerst spielfreudig und authentisch gibt Nicola Alaimo einen polternden Frau Melitone wie aus dem Bilderbuch.

Ein wenig besser steht es um den weiblichen Teil der Besetzung. Die Preziosilla verkörpert Annalisa Stroppa mit robustem, aber beweglichen Mezzosopran ansprechend. An ihr hat der Kostümbildner die schlimmsten Sünden begangen, es ist, als hätte er sich bei einem Ausverkauf von Halloween-Kostümen bedient. Saioa Hernández als Leonora komplettiert das Ensemble. Die Sängerin verfügt über eine eher glanzlose Mittellage, vermag ihren Sopran aber in den höheren Registern aufblühen zu lassen und beschert damit vokal die besten Momente der Aufführung.

Man muss nach dieser, bestenfalls mittelmäßigen Aufführung schon die Frage stellen, ob der Ruhm von Fura dels Baus nicht nur auf Leistungen der Vergangenheit beruht. Was bei dieser „Forza“ abgeliefert wurde, hätten selbst blutige Anfänger besser hinbekommen.

Die schwachen Leistungen der Sänger sind dagegen ein realistisches Abbild der Krise der Gesangskunst, nicht nur in Italien, dem einstigen Land des  Belcanto. Ein Giuseppe Verdi hätte wahrhaft bessere Aufführungen verdient.

Giuseppe Verdi
La Forza del Destino
Orchestra e Coro

Del Maggio Musicale Fiorentino

Zubin Mehta

DYNAMIC 57930

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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