“Komm, Hoffnung”: Ausblick der Berliner Philharmoniker auf die Saison 2020/21

“Komm, Hoffnung”: Ausblick der Berliner Philharmoniker auf die Saison 2020/21
© wikipedia.de Schirrmer

Was für eine frohe, erwartungsvolle Stimmung an jenem April-Vormittag im Foyer der Berliner Philharmonie! Endlich ist Kirill Petrenko als neuer Chef des Orchesters im Amt und was er für die kommende Saison ankündigt, lässt hohe Erwartungen entstehen.

Ein Jahr ist dies nun her und statt Kirill Petrenko diesmal wieder live zu erleben, muss man mit einem Video Vorlieb nehmen, das auf der Website des Orchesters abrufbar ist. Aber auch in der diesmal so besonderen Situation findet der charismatische Dirigent den richtigen Ton. Er spricht dem Zuhörer Mut in dieser durch das Corona-Virus entstandenen Lage zu. Und er hat bereits eine wichtige Initiative ergriffen: Gemeinsam mit der Kulturpolitikerin Monika Grütters hat er die Schirmherrschaft über die Musiker-Nothilfe übernommen, einen Fond, der durch die gegenwärtig erzwungene Untätigkeit fast aller Musiker zu deren Unterstützung beitragen will. Persönlich hat er, mit gutem Beispiel vorangehend, bereits einen größeren Betrag gespendet.

Noch ist völlig offen, wann genau die Philharmoniker wieder vor vollem Saal spielen werden können. Auch ist nicht klar, was mit den vielen geplanten Projekten und Aufführungen geschieht, die dem Lockdown zum Opfer fielen. Werden sie nachgeholt, wird es z.B. den so gespannt erwarteten „Fidelio“ doch noch geben? Diese Fragen können naturgemäß noch nicht beantwortet werden, aber das nun gedruckt vorliegende Programm für die neue Saison gibt Hoffnung, dass es weitergehen wird.

„Komm, Hoffnung…“ singt Leonore im Fidelio und das nach Musik dürstende Publikum kann sich zumindest der Hoffnung hingeben, dass auch realisiert wird, was vorerst nur Ankündigung ist.

Drei Schwerpunkte sind in der Saison 20/21 auszumachen. Da ist zum einen die Russische Musik, deren Pflege schon eine lange Tradition beim Orchester hat. Hausherr Kirill Petrenko wird eine konzertante Aufführung von Tschaikowskys Oper „Mazeppa“ und eine ebensolche von Rachmaninows Kurzoper „Francesca da Rimini“ dirigieren, ebenfalls zur Aufführung kommen Werke von Stravinsky, Prokofjew und Schostakowitsch.

Einen zweiten Schwerpunkt bilden Werke des Fin de Siècle bzw. des beginnenden 20. Jahrhunderts, von Komponisten wie Gustav Mahler, Béla Bartók, Richard Strauss, Anton Webern, Arnold Schönberg, Maurice Ravel, Jean Sibelius.

Den dritten Schwerpunkt bildet das neue Festival „Biennale der Berliner Philharmoniker“, das in Zukunft alle zwei Jahre stattfinden soll. In diesem ersten Jahr ist sie den so genannten Goldenen Zwanzigerjahren gewidmet, Paul Hindemith, Kurt Weill und Hanns Eisler sind Komponisten jener Zeit, die in verschiedenen Konzerten aufgeführt werden.

Artist in Residence ist in der kommenden Saison die Bratschistin Tabea Zimmermann. In mehreren Konzertprogrammen im großen Saal, wie im Kammermusiksaal wird sie u.a. Werke von Rihm, Beethoven, Schumann und Paul Hindemith aufführen, wobei sie mehrere Stücke von Hindemith als Schwerpunkt ihrer Auftritte gesetzt hat.

Tabea Zimmermann, (c) wikipedia.de

Chefdirigent Kirill Petrenko bietet in den von ihm geleiteten Konzerten abermals ein sehr kontrastreiches Programm. Verbindet er im traditionellen Saison-Eröffnungskonzert Symphonien von Mendelssohn und Brahms mit der Passacaglia Anton Weberns, führt er in seinem zweiten Konzert der Saison wieder ein Werk von Josef Suk kombiniert mit Xenakis und Alban Bergs Violinkonzert auf. Ein Programm widmet er Charles Ives, Andrew Norman und Richard Strauss. Das Silvesterkonzert wird diesmal mit dem Concerto di Aranjuez von Joaquin Rodrigo und Werken von de Falla und Bizet bestritten.

Mehrfach ist Petrenko in dieser Spielzeit auch als Operndirigent zu erleben, so mit Francesca da Rimini, einer Kurzoper von Rachmaninow, dem Oedipus Rex von Strawinsky und der Mazeppa von Tschaikowsky, die auch bei den Osterfestspielen Baden-Baden, dort allerdings szenisch, zu erleben sein wird. Als Uraufführung plant er ein Werk von Anna Thorwaldsdottir, kombiniert mit einem Klavierkonzert von Prokofjew und der selten gespielten Symphonie in Fis von Erich Wolfgang Korngold. In einem weiteren Konzert führt er u.a. die Krönungsmesse von Mozart, gepaart mit einer Suite von Tschaikowsky auf, zum Saisonausklang ist ein Konzert Mahlers 9. Symphonie gewidmet.

Die Liste der als Gastdirigenten auftretenden Musiker liest sich erneut wie ein who’s who der internationalen Musikszene. Daniel Harding, Lahav Shani, Marek Janowski, zwei Konzerte mit Daniel Barenboim, Tugan Sokhiev, Andris Nelsons, Daniele Gatti, Donald Runnicles mit einer konzertanten Aufführung von Hindemiths „Mörder, Hoffnung der Frauen“, Christian Thielemann mit Bach, Strauss und Liszt, Zubin Mehta mit Messiaen und Bruckner, Sir Simon Rattle wird Elgars Oratorium Dream of Gerontius aufführen, auch der Doyen der Dirigenten, Herbert Blomstedt, wird erwartet, und ein Programm mit Werken von Sibelius, Stenhammar und Brahms dirigieren.

Foto: © Matthias Creutziger – Christian Thielemann
© Martin U. K. Lengemann – Herbert Blomstedt

Erneut wird das Orchester mehrere Tourneen und Gastspiele veranstalten, neben den traditionellen Auftritten in Salzburg und Luzern stehen diesmal auch Konzerte in mehreren Städten der USA auf dem Terminkalender.

Auffällig ist diesmal die besondere Vielfalt von aufgeführten Komponisten, ein wertvoller Beitrag zu einer Erweiterung des zum Teil schon arg strapazierten Kernrepertoires. Auch die Oper wird in der kommenden Spielzeit mit zum Teil selten gespielten Werken einen Schwerpunkt bilden.

In Zeiten des Corona-Virus, dessen Einfluss auf die Abläufe der geplanten Saison noch nicht absehbar sind, ist dieses reizvolle und abwechslungsreiche Programm natürlich unter den Vorbehalt der Machbarkeit gestellt. Beten wir zu Santa Cecilia, dass es wie geplant stattfinden kann!

zuerst erschienen beihttp://www.klassik-begeistert.de

Menü schließen