Jonathan Tetelman mit „The great Puccini“: Da kann Einer vor Kraft kaum gehen

Jonathan Tetelman mit „The great Puccini“: Da kann Einer vor Kraft kaum gehen

Tenöre, speziell solche für das populäre italienische Opernfach, sind dünn gesät, so gesehen ist der schnelle Aufstieg des gebürtigen Chilenen, der in den USA aufwuchs und seine Sängerlaufbahn als Bariton begann, nicht überraschend. Der Sänger bringt eigentlich alles mit, was man für eine große Karriere braucht, er kann auf ein sicheres technisches Fundament bauen, phrasiert wortdeutlich und sorgfältig. Dass er auch noch ein richtiger Hingucker ist, schlägt natürlich zusätzlich zu Buche.

Erst im letzten Jahr hatte Tetelman sein erstes Soloalbum vorgelegt, er konnte mit einem breit angelegten Programm von Tenorarien überzeugen.

Das neue Album ist ausschließlich Opern von Puccini vorbehalten, ein Vorgriff auf 2024, den hundertsten Todestag des Komponisten. Die populären Arien aus „Turandot“, „Tosca“, „Manon Lescaut“, „La Bohème“ dürfen da natürlich nicht fehlen. Erfreulich ist, dass Tetelman auch weniger bekannte Arien und Szenen eingespielt hat. Das bewahrt die Produktion davor, zum reinen Wunschkonzert zu verkommen. Eine Szene aus „Il Tabarro“, Arien aus „Le Villi“ und „La Rondine“ lockern das Programm wohltuend auf, positiv auch, dass unter Mitwirkung anderer Sänger die Arien nicht aus dem Zusammenhang gerissen, sondern als komplette Szenen eingespielt wurden.

Technische Probleme scheint der Tenor nicht zu kennen, seine Stimme ist groß dimensioniert, wovon man sich gerade wieder in Berlin in „Il Tabarro“ live überzeugen konnte. An den Forte-Stellen seiner Arien schöpft er aus dem Vollen, sein Tenor entwickelt dann eine metallische Strahlkraft, die an große Vorgänger denken lässt. Da und dort würde man sich aber wünschen, er würde seine Kraft nicht so verschwenderisch einsetzen, könnte er seinem Metall auch etwas Samt hinzufügen, würde der Effekt noch stärker sein. Der Vergleich zu einem prominenten deutschen Tenor drängt sich auf, im direkten Vergleich verfügt Tetelman aber über ein schöneres Timbre, seine exponierten Passagen kann er ohne Druck und Pressen erzeugen, was sicher aber auch seiner Jugend geschuldet ist.

Der erfahrene Carlo Rizzi leitet die Prague Philharmonia routiniert und stilistisch kompetent; Prag als Aufnahmeort zu wählen, scheint in Mode gekommen zu sein.

Wenn der Sänger den Verführungen des Marktes widerstehen kann, und Selbstausbeutung vermeidet, könnte aus ihm ein neuer Fixstern am Tenorhimmel werden. Jedenfalls ist auch dieses zweite Album ein großes Versprechen, das der sympathische Künstler hoffentlich einlöst.

Jonathan Tetelman
The great Puccini

Prague Philharmonia
Carlo Rizzi

Deutsche Grammophon 486 4683

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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