DVD-Rezension: Ambitioniertes „Rheingold“ von der Oper Sofia

DVD-Rezension: Ambitioniertes „Rheingold“ von der Oper Sofia

Die bulgarische Hauptstadt Sofia war bisher ebenso wenig wie andere Balkanstaaten für nennenswerte Auseinandersetzungen mit dem Werk Richard Wagners bekannt.

Ab dem Jahr 2010 drang aber die Kunde von einem ambitionierten Ring-Projekt der Oper Sofia in die westeuropäischen Medien. Vollendet wurde diese Produktion von Wagners anspruchsvoller Tetralogie bereits 2013. Das Label Dynamic hat sich nun entschlossen, den gesamten Ring aus Sofia auf DVD zu veröffentlichen.

Als erster Teil liegt nun die Rheingold-Aufführung von 2010 vor, die in ihrer sehr eigenwilligen Optik bestechend kreativ wirkt. Der Regisseur Plamen Kartaloff engagierte als Bühnen-und Kostümbildner den Maler Nikolay Panayotov, der für den kompletten Ring eine eindrucksvolle Bildwelt schuf, die stark an der Popart orientiert erscheint.

Passenderweise ist das Basiselement des Bühnenaufbaues ein weit gespannter Ring, um den und innerhalb dessen sich von Szene zu Szene neue Versatzstücke gruppieren, womit ein  stimmiges Konzept vorgegeben ist. In der ersten Szene der Rheintöchter erstaunt die ungewöhnliche Sportlichkeit der drei Wassernixen, unzählige Sprünge auf dem Trampolin und mehrere Salti vorwärts werden neben dem Gesang ausgeführt. Überhaupt wird den Sängern Einiges an Beweglichkeit abverlangt. Panayotovs Kostüme sind ungewöhnlich und teilweise bizarr, dafür von größter Originalität. Was gefällt ist die Konsequenz, mit der ein eigener, prägender Stil angestrebt und erreicht wird.

Musikalisch ist eine Wagner-Oper für dieses Haus eine große Herausforderung. Klugerweise griff man in Sofia auf eine reduzierte Fassung der Partitur zurück, die der Kapellmeister Gotthold Ephraim Lessing (!) erstellt hatte. Dadurch bleibt der Klang während der gesamten Aufführung schlank und transparent, auch den Sängern fällt es leichter, sich gegen das Orchester durchzusetzen.

Dafür, dass wohl keiner der Protagonisten Erfahrung im Wagner-Fach mitbrachte, gelang eine doch sehr ambitionierte, dichte Interpretation. Trotz sorgfältiger Einstudierung stellt der deutsche Text freilich für das komplett bulgarische Ensemble eine große Herausforderung dar. Von einigen, verzeihlichen „Schnitzern“ abgesehen gelingt dieses Wagnis aber gut bis sehr gut. Den stärksten Eindruck hinterlässt der Loge Daniel Ostretsovs, der als kluger, zynischer Strippenzieher überzeugen kann. Etwas spröde ist der Bass Biser Georgiev als Alberich, aber als Charakterstudie kann er überzeugen. Ein wenig altväterlich zeichnet Nikolay Petrov den Wotan, stimmlich hat er aber durchaus die Statur für einen Göttervater.

Die Damen Rumyana Petrova (Fricka), Veselina Vasileva (Freia) und Blagovesta Mekki (Erda) sind ihren Partien durchaus gewachsen. Insgesamt bewältigt das Ensemble die Herausforderung so gut, dass man auf die weiteren Teile der Tetralogie aus Sofia gespannt sein darf!

Richard Wagner, Das Rheingold
Dynamic 37897

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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