Dieser mit Kaufmann und Garanča hochkarätig besetzte „Parsifal“ enttäuscht auf CD durch fehlende Spannung

Dieser mit Kaufmann und Garanča hochkarätig besetzte „Parsifal“ enttäuscht auf CD durch fehlende Spannung

Im Jahr 2021, auf dem Höhepunkt der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie, entschloss sich die Wiener Staatsoper, ihre neue Parsifal-Produktion im Livestream zu zeigen. Die Inszenierung des damals noch in Russland inhaftierten Regisseurs Kirill Serebrennikov, die in einem Gefängnis, bzw. Straflager spielt, wurde kontrovers aufgenommen, bei aller Qualität der Personenführung irritierte doch die komplette Verweigerung, den Sinngehalt der Oper sichtbar zu machen.

So gesehen war die Entscheidung von Sony Classical, die Aufführung nur als Audio-CD zu veröffentlichen, klug. Die üppig, ja geradezu luxuriös ausgestattete 4-CD-Box enthält quasi zum Trost aber zahlreiche Fotos der Inszenierung.

Die Besetzung muss man als absolut hochkarätig bezeichnen. Jonas Kaufmann in der Titelrolle neigte zwar auch bereits 2021 zum druckvollen Pressen der Töne, liefert aber in der Summe eine stimmige Interpretation. Elīna Garančas lang erwartetes Debüt als Kundry muss man als geglückt bezeichnen, die Tücken der zwischen Sopran und Mezzo liegenden Partie wurden erfreulich souverän bewältigt. Ein weiteres Rollendebüt war der Amfortas von Ludovic Tézier, der die Partie mit sonorem Bassbariton füllte. Wolfgang Koch als Klingsor versprühte rollendeckende Bösartigkeit, während Georg Zeppenfeld sein bewährtes Porträt des Gurnemanz einbrachte.

Die kleinsten Rollen, sowie die Blumenmädchen sangen alle auf hohem Niveau, der verstärkte Chor der Wiener Staatsoper gab den Chorszenen die gewünschte Fülle und Prägnanz, das Orchester der Wiener Staatsoper, mit der Partitur bestens vertraut, breitete den Klangteppich aus, auf dem sich die Solisten entfalten konnten.

Am Pult stand Philippe Jordan. Der Papierform nach hätte dieser Parsifal das Zeug für eine Jahrhundert-Aufnahme gehabt. Warum sie am Ende enttäuscht, ist nicht leicht zu beantworten. Jordan dehnt den ersten Akt zu einer ermüdenden Länge, in deren Verlauf der Spannungsbogen komplett reißt. Zeppenfelds Gurnemanz, so balsamisch sanft er auch klingt, ermüdet über die weiten Strecken dann doch. Kaufmanns reiner Tor kann deutliche Gebrauchsspuren seines Tenors nicht kaschieren, man hat es hier mit einer eher herbstlichen Leistung zu tun. Bei Elīna Garančas Kundry tritt einmal mehr das Defizit dieser Künstlerin klar hervor: einer gesangstechnisch einwandfreien Leistung steht ein Manko an Temperament und empathischer Gestaltung entgegen. Diese Kundry macht keine Entwicklung durch und bleibt, wie auch Ludovic Tézier als Amfortas, eindimensional. Insgesamt fehlt es der Aufführung an Spannung.

Man fragt sich natürlich, ob es vielleicht an der doch problematischen Inszenierung gelegen hat, dass die Aufführung atmosphärisch so enttäuschend ausfiel. Der Regisseur konnte wegen seiner Haft nicht persönlich mit den Sängern proben, mag sein, dass dieses Manko nicht ohne Einfluss auf das Resultat war. Und es rächt sich einfach, wenn ein so subtiler Stoff derart gegen den Strich gebürstet wird. Das akustische Resultat ist, trotz aller Bemühungen, langweilig. Zur Referenzaufnahme taugt dieser Parsifal leider nicht.

Richard Wagner
Parsifal

Chor und Orchester der Wiener Staatsoper
Philippe Jordan

Sony Classical

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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