Carl Nielsens „Maskarade“ an der Oper Frankfurt: Lost in translation

Carl Nielsens „Maskarade“ an der Oper Frankfurt: Lost in translation

Der noch tief im 19. Jahrhundert verwurzelte dänische Komponist Carl Nielsen hat ein reichhaltiges Werk hinterlassen. Neben sechs Symphonien schrieb er auch zwei Opern, von denen die 1906 uraufgeführte „Maskarade“ so etwas wie die Nationaloper seiner Heimat wurde.

Das altersweise, komödiantische Stück geht auf Ludvig Holberg zurück, und nimmt das Thema Maskierung  und Demaskierung in symbolischer Form auf, zwei Generationen ehrbarer Bürger machen beim Tanz im Komödienhaus sehr entscheidende Erfahrungen.

Den leicht beschwingten Tonfall des Textes und der Musik auf eine deutsche Bühne zu übertragen, ist nicht einfach. Für die Produktion des Frankfurter Opernhauses ließ man eine neue deutsche Übersetzung anfertigen, die an Plumpheit und verunglücktem Wortwitz aber kaum zu überbieten ist. Das ist sehr bedauerlich, denn die einschmeichelnde Musik Nielsens ist durchgängig leichtfüßig und originell. Speziell in den Tanz-Einlagen erzeugt sie gute Laune und entwickelt Temperament.

Tobias Kratzer setzt in seiner Inszenierung stark auf Abstraktion, die Spielfläche ist ein Podest, auf das in manchen Szenen ein paar wenige Versatzstücke platziert werden. Das ermöglicht schnellen Szenenwechsel und erspart Umbaupausen. Den optischen Reiz müssten die Kostüme erbringen, aber da verfällt Kratzer in eine schon überwunden geglaubte Unart der Theaterästhetik: der Anteil weißer Feinripp-Unterwäsche bei den Kostümen ist durchgehend hoch. Unbedingt will der Regisseur auch die Komponente einer queeren Gesellschaft ins Spiel bringen, das wirkt dann doch recht bemüht und aufgepfropft. Der Schriftzug auf einem T-Shirt lautet „Be whoever you want to be“, ein paar Jungs müssen hochhackige Schuhe tragen, das ist es aber dann auch schon.

Die Choreographie Kinsun Chans markiert die Höhepunkte der Handlung und ist sowohl originell als auch temperamentvoll. Die Personenführung Kratzers bleibt dagegen konventionell, er profitiert allerdings von der großen Spielfreude der Sänger-Darsteller.

Allen voran der Spielmacher Henrik, der als Diener Leanders von Liviu Holenders geschmeidigem Bariton ins Zentrum des Stückes gerückt wird. Die Figur des verliebten Leanders ist bei Michael Porters lyrischem Tenor ganz auf der sicheren Seite, sehr originell der tumbe Diener Arv, den Samuel Levine mit trockenem Humor verkörpert. Die Figur des etwas verknöcherten Vaters Jeronimus wird von Alfred Reiter mit solidem Bass gesungen, als sein Gegenspieler Leonard macht Michael McCown mit schlankem Tenor eine gute Figur.

Als Ehefrau Jeronimus’ und Mutter Leanders ist die unverwüstliche Susan Bullock zu erleben, die eine originelle Studie später Emanzipation liefert. Leonards Tochter und Leanders zukünftige Braut Leonora profitiert vom schön gebildeten lyrischen Sopran Monika Buczkowskas.

Titus Engel leitet souverän das Frankfurter Opern- und Museumsorchester, die Aufführung hat durchaus Schwung und Charme. Das große Manko bleibt die deutsche Textfassung, die eindeutig ein Fall für Fremdschämen ist.

Carl Nielsen
Maskarade

Frankfurter Opern- und Museumsorchester

Titus Engel  Dirigent
Tobias Kratzer  Regisseur
Kinsun Chan  Choreographie

Naxos NBDO174V

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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