Diese „Ariadne auf Naxos“ vom Maggio Musicale Fiorentino ist ein szenisches Desaster

Diese „Ariadne auf Naxos“ vom Maggio Musicale Fiorentino ist ein szenisches Desaster

Die zweite Fassung dieser Oper von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal stellt der eigentlichen Oper ein Vorspiel voran, das zu den delikatesten Opernakten der gesamten Literatur zählt. Der Reiz der Theater-auf-dem-Theater-Situation und die meisterhafte Charakterisierung der Figuren, inklusive der Rolle des Komponisten besitzt eine bemerkenswerte Ausgewogenheit zwischen Heiterkeit und Tiefsinn. Man möchte meinen, dass dieser furiose Auftakt zur später gezeigten Oper sich eigentlich von selbst inszeniert.

In der Aufzeichnung der Aufführung vom Juni 2022 in Florenz muss man aber leider erleben, wie ein schlechter Regisseur auch dieses Kleinod innerhalb einer Dreiviertelstunde vernichten kann. Aber zuerst zum musikalischen Teil, der sehr viel erfreulicher ausgefallen ist.

Daniele Gatti leitet das Orchestra del Maggio Musicale mit der Souveränität des erfahrenen Opern- und Konzertdirigenten. Als Nachfolger Christian Thielemanns wird er ab 2024 die Sächsische Staatskapelle Dresden leiten. Als blasierter Haushofmeister trifft Franz Tscherne genau den larmoyanten wienerischen Ton, Markus Werba ist ein optisch sehr junger Musiklehrer. Dass er „bald dreissig Jahre älter“ als der Komponist wäre, kann man mit Blick auf Sophie Koch ausschließen. Dieser stehen zwar immer noch eindrucksvolle hohe Töne zur Verfügung, aber die Betonung liegt bereits auf dem fatalen „noch“. Die Gruppe der Spaßmacher im Gefolge Zerbinettas ist durchgehend gut besetzt, als Harlekin fällt Liviu Holender mit weichem, samtigem Bariton positiv auf. Dem frechen Tanzmeister gibt Antonio Garés ein markantes Profil.

In der eigentlichen Oper bricht dann der Widerstreit der großen Stimmen an. AJ Glueckert kämpft ein wenig mit der mörderischen Partie des Bacchus, bleibt am Ende dank schöner Töne und sorgfältiger Phrasierung aber letztlich siegreich. Jessica Pratts Zerbinetta fehlt es ein wenig an der Agilität und Leichtigkeit, die für diese Rolle so wichtig ist. Typmäßig ist sie ebenfalls falsch besetzt, die Regie zeichnet sie als üppige, sehr reife Soubrette, aber das bleibt nicht der einzige gravierende Fehler in dieser Produktion. Krassimira Stoyanova schenkt ihrer Ariadne wunderbar leuchtende Phrasierungen und Spitzentöne, die nicht mehr ganz ohne Anstrengung abrufbar sind. Auch hier schleicht sich das tückische „noch“ in den Hörgenuss ein. Mit stimmlicher Frische und Ausgewogenheit können Najade, Dryade und Echo von Maria Nazarova, Anna Doris Capitelli und Ljubov Medvedeva punkten.

Die Regie dieser Aufführung stellt eine komplette Bankrott-Erklärung des Regisseurs Matthias Hartmann dar. Wüsste man nicht, dass Hartman ein erfahrener Theatermann ist, könnte man meinen, es mit einem blutigen Anfänger zu tun zu haben. Schon die ungeschickte Möblierung der Bühne (Volker Hintermeier) lässt beim Aufgehen des Vorhangs Schlimmes ahnen.

Man sieht eine sinnlose Ansammlung kitschiger Möbel und Kunstgegenstände, die Protagonisten müssen sich permanent durch verbaute Pfade schlängeln. Den Charme des Theaters auf dem Theater macht Hartmann dadurch zunichte, dass er auch die Oper Ariadne im gleichen Ambiente spielen lässt. Die Personenregie als hilflos zu bezeichnen, käme fast schon einem Kompliment gleich, in Wahrheit ist sie dilettantisch und grotesk gegen Inhalt und Stil des Werkes gerichtet.

Hartmann weiß mit seinen Figuren nichts anzufangen, führungslos schlendern sie über die Bühne und laufen ständig Gefahr, über unnütze Versatzstücke zu stolpern. Hier stimmt nichts, und der Zauber dieser Oper, die gleichzeitig ihre eigene Parodie ist, verpufft im Ärgernis. Man will gar nicht glauben, dass dieser Regisseur einmal Direktor des Wiener Burgtheaters war. Dort wie hier stellt sich die Frage: wer engagierte einen solchen Mann?

Richard Strauss
Ariadne auf Naxos

Orchestra Maggio Musicale Fiorentino
Daniele Gatti, conductor
Matthias Hartmann, director

Dynamic 57970

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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