Die Trias von Mozarts letzten Symphonien: Herbert Blomstedt verbindet Altersweisheit mit gereiftem Feuer

Die Trias von Mozarts letzten Symphonien: Herbert Blomstedt verbindet Altersweisheit mit gereiftem Feuer

Der amerikanische Dirigent mit schwedischen Wurzeln, Herbert Blomstedt, ist auch noch in seinem 96. Lebensjahr von ungebrochener Vitalität und Musizierfreude. Hatte man sich im letzten Jahr nach einem Sturz und darauf folgender abgesagter Auftritte noch Sorgen um den Doyen des Dirigentenberufes gemacht, ist Blomstedt inzwischen wieder international unterwegs.

Es kann nicht verwundern, dass ein Musiker seines Formats und seiner uneitlen, charismatischen Ausstrahlung auch ein Liebling der Orchester ist. So findet man  den scheinbar unermüdlichen Blomstedt am Pult aller bedeutenden Orchester. Auch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist ihm seit langem freundschaftlich verbunden.

Als Dokument aus jüngerer Zeit legt das BR-Klassik-Label nun Aufnahmen der drei letzten Mozart-Symphonien vor, entstanden bei Konzerten in den Jahren 2011, 2017 und 2019. Diese drei, in geringem zeitlichen Abstand komponierten Werke wirken wie ungleiche Geschwister und dürften die verschiedenen Aspekte von Mozarts Wesen abbilden. In der jüngeren Vergangenheit ist die Musikwissenschaft zu dem Schluss gekommen, die Trias dieser letzten  Symphonien Mozarts wären vom Komponisten auch als Tryptichon konzipiert gewesen. Beweise dafür gibt es nicht, aber der Gedanke scheint nicht abwegig. Ungeklärt ist jedenfalls, ob Mozart diese Symphonien noch gehört hat, Aufführungen lassen sich erst in den Jahren nach seinem frühen Tod nachweisen.

Die in Es-Dur stehende Symphonie Nr. 39 zeigt noch deutlich den Einfluss Joseph und Michael Haydns auf Mozarts Komponierstil. Ihnen verdankte er entscheidende Anregungen, wobei er im Verlauf der Symphonie Wendungen einführt, die über seine Vorbilder hinausweisen. Wir erleben überraschende Kehrtwendungen, welche die Grundstruktur des Werkes immer wieder in Frage stellen und zwischen verschiedenen Tonarten changieren. Das tänzerische Finale, dass sich auf ein einzelnes Thema beschränkt, knüpft wieder eher an Haydn an.

Bei der großen g-moll-Symphonie tritt ein deutlich depressiver Grundton in Erscheinung, den Blomstedt prominent herausstellt. G-moll ist auch die Tonart der Pamina-Arie in der Zauberflöte, welche die Verzweiflung des Mädchens ausdrücken soll. Das Menuetto nimmt der Dirigent streng, mit stampfendem Rhythmus , das finale Allegro klingt ruhelos vorwärtsdrängend. Hier gibt es kein versöhnliches Ende.

Die C-Dur, auch Jupiter genannte Symphonie ist von weit positiverer Anmutung und Wirkung. Blomstedt nimmt die beiden Kopfsätze sehr energisch, wuchtig, das Andante mit breiten, wehmütigen Tempi. Hier kommt wieder der Grübler zum Vorschein. Nach einem sehr zierlich ausmusizierten Menuetto prunkt das Finale mit geballter Energie und zeigt ihren Schöpfer auf der Höhe seines Lebens und seiner Kunst. Blomstedt und das wunderbar differenziert aufspielende Orchester verstehen sich offenbar großartig, so gelingt eine von Reife und Altersweisheit geprägte, trotzdem feurige Realisierung der Partituren.

Würde man diese Aufnahmen ohne Wissen um das Alter des Dirigenten hören, käme man nicht auf den Gedanken, dass es sich um einen sehr alten Mann handeln könnte. Jugendliches Feuer ist also nicht unbedingt eine Frage des Lebensalters!

Mozart
Symphonien Nr. 39, 40 & 41

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Herbert Blomstedt

BR Klassik 900196

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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