Der ostalgische „Messeschlager Gisela“ wird zum Sommerhit der Hauptstadt

Der ostalgische „Messeschlager Gisela“ wird zum Sommerhit der Hauptstadt
Messeschlager Gisela Gerd Natschinski Operette in einem Vorspiel und drei Akten [1960] Musik von Gerd Natschinski Text von Jo Schulz Musikalische Leitung: Adam Benzwi Inszenierung: Axel Ranisch Choreographie und Co-Regie: Christopher Tölle Bühnenbild: Saskia Wunsch Kostüme: Alfred Mayerhofer Dramaturgie: Johanna Wall Chöre: David Cavelius Licht: Johannes Scherfling Foto: Jan Windszus Photography

Bekanntlich musste die Berliner Komische Oper ihr Stammhaus an der Behrenstraße für umfangreiche Um-und Ausbauarbeiten räumen, und ist nun für Jahre auf Ausweichquartiere angewiesen.

Neben dem Charlottenburger Schillertheater wurde bereits der Hangar des ehemaligen Flughafens Tempelhof bespielt, für die letzte Produktion der auslaufenden Spielzeit wurde gar ein respektables Zirkuszelt in die städtebauliche Wüste nahe dem Roten Rathaus gestellt.

Die Idee, „Messeschlager Gisela“ mehr als 60 Jahre nach der Uraufführung zu revitalisieren, entpuppte sich als Schuss ins Schwarze. Die Operette, in der DDR als „Heiteres Musiktheater“ bezeichnet, stellt den Alltag in der sozialistischen Realität nach. Man hat den ursprünglichen Text von Jo Schulz wohl nicht verändert, der Jargon der untergegangenen DDR löst nostalgische, nein ostalgische Gefühle aus, vor allem für ehemalige Bürger der Osthälfte Deutschlands, aber auch für seinerzeitige Messebesucher aus dem Westen.

Im Zentrum der Hauptstadt der DDR, zu Füßen des „Telespargels“, wie die Ostberliner den Fernsehturm nannten, erlebt man einen Blick zurück, der den Charme des Fremdartigen für die Einen, den Wiedererkennungswert für die Anderen hat. Das erzeugt ein dankbares und höchst animiertes Publikum, was auch der eingängigen und originellen Musik von Gerd Natschinski zu verdanken ist. Natschinski genoss im Osten große Popularität, der 2015 verstorbene Komponist hat 13 solcher heiterer Musiktheaterwerke, daneben zahlreiche Filmmusiken geschrieben.

Messeschlager Gisela, Foto: Jan Windszus

Das Regieteam um Axel Ranisch stellt die Komödie um Intrigen im Konfektionsbetrieb VEB Berliner Schick gekonnt auf die kleine Spielfläche in der Mitte des Zeltes. Der Choreograph Christopher Tölle verordnet allen Mitwirkenden ein atemberaubendes Tempo, erstaunlich, dass die Protagonisten noch genug Luft haben, um zu singen. Aber das tun sie sogar ausgezeichnet, neben Gisa Flake in der Titelrolle, die neben frechem Witz auch zu durchaus verinnerlichten Tönen findet, kann sich das gesamte Ensemble auf hohem Niveau behaupten.

Als Sekretärin Marghueritta entwickelt Maria-Danae Bansen ein geradezu überschäumendes Temperament. Die reife Emma Puhlmann wird von Andreja Schneider mit viel Mutterwitz ausgestattet. Das Trio dieser Damen macht es den männlichen Partnern nicht leicht, aber Thorsten Merten als schräger Betriebsleiter Kuckuck, Johannes Dunz als schüchterner Liebhaber Heinz können sich mit markantem Spiel und Gesang gut behaupten. Nico Holonics als Journalist Fred Funke bringt viel Charme mit und macht glaubwürdig, dass Gisela sich sofort in ihn verliebt.

Messeschlager Gisela, Foto: Jan Windszus

Am Ende ist das Publikum hingerissen und feiert alle Beteiligten und den Dirigenten Adam Benzwi gebührend, der den musikalischen  Spannungsbogen bis zum Schluss aufrecht hält.

Der Erfolg der Produktion führte dazu, dass die Leitung der Komischen Oper zusätzliche Vorstellungen ansetzte. Nichts wie hin!

Komische Oper im Zelt am Roten Rathaus, 29. Juni 2024

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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