Das Traumpaar der Bayerischen Staatsoper triumphiert in Giordanos „Andrea Chénier“

Das Traumpaar der Bayerischen Staatsoper triumphiert in Giordanos „Andrea Chénier“

Star-Tenor Jonas Kaufmann und seine kaum weniger berühmte Kollegin Anja Harteros haben sich bereits in mehreren Produktionen an der Bayerischen Staatsoper als Traumpaar für das dortige, verwöhnte Publikum erwiesen.

Auch für Umberto Giordanos veristische Revolutionsoper über den real existierenden Dichter André Chénier, die leider nördlich der Alpen viel zu selten gespielt wird, hat man den beiden Sängern die Hauptrollen anvertraut. Die nun vorgelegte Aufzeichnung geht auf eine Aufführung des Jahres 2017 zurück, und wehmütig muss man feststellen, dass wohl beide Künstler ihre damals erstklassigen Leistungen heute wohl nicht mehr in dieser Qualität abliefern können.
Anja Harteros konnte 2017 mit ihrem cremigen, schlackenlosen Sopran restlos überzeugen. Ihre Interpretation hatte Wärme, Leidenschaft, all das bei perfektem Stimmsitz. Seit etwa einem Jahr ist die Sängerin allerdings nicht mehr aufgetreten, Rollendebüts, aber auch Repertoirevorstellungen werden regelmäßig abgesagt. Es wäre bedauerlich, wenn diese Sängerin nicht mehr auf die Bühne zurückkehrt.

Auch für Jonas Kaufmann schien 2017 der ideale Zeitpunkt für die Aufzeichnung seiner Interpretation des Dichters Chénier zu sein. Sie ist noch weitgehend frei von Unarten (oder Verschleiß-Erscheinungen), die heute störend wirken. Da ist noch kein gepresstes Singen zu hören, auch auf die häufigen und unschönen Ausflüge ins Falsett konnte Kaufmann damals noch gut verzichten. So gesehen ist diese Blu-ray-Disc fast schon so etwas wie ein Vermächtnis von zwei großen Stimmen in ihrer Blüte.

Dritter im Bunde ist George Petean als Carlo Gérard, der diese anspruchsvolle Rolle mit großem Engagement und darstellerisch bemüht singt, aber vom Stimmvolumen her etwas zu leichtgewichtig ist.

Marco Armiliato bleibt der genialen Partitur Giordanos nichts schuldig, mit Umsicht und Gestaltungswillen erzeugt er die musikalische Spannung, welche die Stärke dieser Oper ist. Vorzüglich nicht nur das Bayerische Staatsorchester, auch der Chor, in diesem Werk viel beschäftigt, trägt zum Gelingen bei.

Die Regie Philipp Stölzls ist durchaus ambitioniert, aber wie so oft will er wieder einmal zu viel, teilt die Bühne permanent in mehrere Segmente, in denen stumme Aktionen ablaufen. Das lenkt ab, wirkt unübersichtlich und ist der sehr stringent angelegten Handlung nicht dienlich. Am Ende jubelte das Publikum 2017 frenetisch, in der Rückschau ist man dankbar, dass die Aufführung genau zu jenem günstigen Zeitpunkt aufgezeichnet wurde.

Umberto Giordano
Andrea Chénier

Jonas Kaufmann
Anja Harteros
Marco Armiliato
Philipp Stölzl

Bayerische Staatsoper

BSOREC 2004

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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