Das Bayerische Staatsorchester begeht in diesem Jahr die Feier seines 500-jährigen Bestehens. Bei seinem aktuellen Gastspiel beim Musikfest Berlin präsentiert es sich mit einem reizvollen, vielschichtigen Programm.
Der neue Chefdirigent Vladimir Jurowski, der bekanntlich mehr als nur einen Koffer in Berlin hat, sorgt für einen besonders intensiven Konzertabend, aber der Star ist natürlich das vorzügliche Orchester.
Zu Beginn erklingt die 3. Symphonie der ukrainischen Komponistin Victoria Vita Polevá. Es ist ein relativ kurzes, aber klangintensives Stück, eigentlich eine Trauermusik, die in tonaler, sehr ansprechender Instrumentierung dargeboten wird. Das Werk macht Eindruck, und die anwesende Komponistin wird verdient gefeiert.
Alban Bergs Violinkonzert, das zum Requiem für die junge Manon Gropius wurde, ist eines der wenigen Werke der Zwölfton-Musik, das es zu großer Popularität gebracht hat. Das mag auch daran liegen, dass der Komponist tonale Elemente wie einen Kärntner Ländler und einen Bach-Choral in verfremdeter Form erklingen lässt. Eine technische Herausforderung stellt das Werk in jedem Fall für die Solo-Violine dar. Die norwegische Geigerin Vilde Frang legt ihren Part bewusst lyrisch an, die herbe und fragile Struktur liegen ihr. Der edle Ton ihrer Guarneri von 1734 bleibt dominant über dem Orchester, und klingt noch lange nach.
Bei Richard Strauss ist das Bayerische Orchester natürlich in seinem Element. Die Alpensinfonie, 1915 in Berlin von Strauss selbst uraufgeführt, ist so etwas wie eine Quintessenz seiner Orchesterwerke, kurz bevor Europa in einem Meer von Blut und Tränen versank. Die detailreiche Schilderung einer alpinen Wanderung zeigt Strauss erneut als Meister der Instrumentation, vom schwelgerischen Gipfelglück bis zum bedrohlichen Gewitter findet sich alles in seiner meisterhaften Partitur. Großer Jubel, der am Ende noch eine Zugabe erzwingt: das Vorspiel zum dritten Akt von Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ wird von dem Orchester, das es einst kreiert hat, in allen Schattierungen ausmusiziert. Das ist Orchesterkultur in reinster Vollendung!
Vilde Frang © Sussie Ahlburg, EMI Classics
Musikfest
500 Jahre Bayerisches Staatsorchester
Victoria Vita Polevá
Symphonie Nr.3 „White Interment“
Alban Berg
Konzert für Violine und Orchester „Dem Andenken eines Engels“
Richard Strauss
Eine Alpensinfonie
Vilde Frang Violine
Bayerisches Staatsorchester
Vladimir Jurowski Dirigent
Philharmonie Berlin, 11. September 2023
zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de