Andrè Schuens Schwanengesang: Auf dem Weg zum großen Liedersänger

Andrè Schuens Schwanengesang:  Auf dem Weg zum großen Liedersänger

Nachdem der Bariton Andrè Schuen im letzten Jahr Schuberts Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ in einer überwiegend positiv aufgenommenen  Einspielung veröffentlichte, wartete man neugierig auf eine Fortsetzung des Projekts mit den weiteren beiden Zyklen Schuberts. Der Sänger sprang entgegen der Chronologie gleich zum „Schwanengesang“, einem erst posthum zusammengestellten Zyklus letzter Lieder des früh verstorbenen Komponisten.

Anders als die schöne Müllerin und die Winterreise stammen die Texte von verschiedenen Dichtern, sind in ihrer Grundstimmung auch sehr unterschiedlich. Sie ermöglichen es dem Interpreten, das Spektrum seiner Ausdrucksmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Und davon macht der 38 Jahre alte Bariton reichlich Gebrauch. Dem Sänger steht eine technisch sehr gut gebildete, in allen Registern sichere Stimme zur Verfügung, die er gekonnt einsetzt. Ein hoher Bariton ist wohl die ideale Stimmlage für diese Lieder, Schubert selbst soll durchaus professionell in dieser Stimmlage gesungen haben.

Ein kleines Manko ist Schuens nicht immer optimale Textbehandlung. Es verwundert, ihn in manchen Liedern extrem wortdeutlich, in anderen etwas weniger verständlich artikulierend zu erleben. Kunstlieder wirken durch die Melodie und den Text gleichermaßen, es sind zumeist in sich geschlossene kleine Geschichten, deren tieferer Sinn sich erst durch den Text erschließt. Versteht man diesen nicht, geht viel verloren. Der Sänger wäre gut beraten, an seiner Textbehandlung noch weiter zu arbeiten, in vielen Liedern gelingt ihm das bereits. Ein Highlight ist „Am Meer“, dieses Lied auf einen Text von Heinrich Heine zeigt Schuen und seinen wunderbaren Begleiter Daniel Heide auf einem sehr hohen Niveau der Gestaltungskunst.

Heide ist viel mehr als nur Begleiter, er ist Mit-Interpret und schafft für die Singstimme eine ideale Untermalung.

Tatsächlich befindet sich Andrè Schuen auf einem sehr guten Weg, zu einem großen Liedersänger zu werden. Diese aktuell stark vernachlässigte Kunst braucht Interpreten seiner Qualität, um wieder stärker wahrgenommen zu werden.

Nun darf man gespannt auf eine Einspielung der „Winterreise“ mit den beiden Künstlern sein!

Franz Schubert
Schwanengesang

Andrè Schuen
Daniel Heide

Deutsche Grammophon 4863313

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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