Zandonais „Francesca da Rimini“ an der Deutschen Oper Berlin: So geht Oper!

Zandonais „Francesca da Rimini“ an der Deutschen Oper Berlin: So geht Oper!

Eigentlich ist das Rezept einfach: Man verpflichtet zwei Spitzensänger, ergänzt sie mit guten bis sehr guten Nebenrollen-Darstellern, findet eine vergessene Oper, die nicht schon jeder aus Wunschkonzerten kennt, und verpflichtet dann noch einen Regisseur, der es versteht, packend zu erzählen, ohne das Werk zu vergewaltigen. Zu was für einem brillanten Resultat das führen kann, war gestern Abend im Haus an der Bismarckstraße zu erleben.

Im dritten Anlauf hat es diese Produktion nun geschafft, endlich vor Publikum gezeigt zu werden. Die vorgesehene Premiere im März 2021 konnte aus bekannten Gründen nur im Livestream aufgeführt werden, der auch als Blu-ray-Disc veröffentlicht wurde. Da konnte man die Qualität dieser Inszenierung schon spüren, die Aufführung vor Publikum aber sorgte für die bisher noch fehlende Dimension.

Zwar neigt auch Christof Loy dazu, Stoffe zu verfremden – ohne detaillierte Inhaltsangabe wäre man als Zuschauer verloren –, gleichzeitig spielt er aber auch seine Stärke aus, nämlich die Fähigkeit zu glaubwürdiger Personenführung. Es gelingt ihm, dem etwas schwülen Renaissancedrama Leben einzuhauchen, und spannungsvolle Momente zu erzeugen. Ein Geniestreich ist seine Darstellung der blutigen Schlacht im zweiten Akt, die eine beklemmende Dichte erreicht. Stimmungsvoll das Bühnenbild von Johannes Leiacker, für das als Hintergrund ein Gemälde von Claude Lorrain gewählt wurde. Typisch für Loy ist das Nebeneinander von historisierenden Kostümen und Alltagskleidung, für die Klaus Bruns verantwortlich zeichnet.

Fotos: Monika Rittershaus

Der Glücksfall dieser Produktion sind die Hauptdarsteller: Sara Jakubiak, die ihren edel timbrierten Sopran mühelos durch die anspruchsvolle Partie der Francesca führt und die ihr eigene Eleganz der Erscheinung für ein facettenreiches Spiel nutzt. Als Ihren Liebhaber Paolo hat man Jonathan Tetelman gewählt, der dem Anspruch der „schöne Paolo“ zu sein voll gerecht wird.

Fotos: Monika Rittershaus

Gesanglich kommt sein Spinto-Tenor mit der Partie sehr gut zurecht, er verfügt sowohl über Schmelz als auch Kraft. Da meint man schon einen zukünftigen Otello herauszuhören. In den Szenen des Liebespaares bleibt kein Wunsch offen. Die beiden Hauptdarsteller, die auch optisch glaubwürdig ein leidenschaftliches Liebespaar verkörpern, können am Ende verdienten Jubel ernten.

Foto: Monika Rittershaus

Auch die Brüder Paolos sind bei Ivan Inverardi und Charles Workman in ausgezeichneten Händen, selbst in den kleinsten Rollen wird sehr gut gesungen.

Ivan Repušič , der Carlo Rizzi am Pult gegenüber dem Livestream ersetzt, lässt die Musik Zandonais aufblühen und treibt sie immer neuen Höhepunkten entgegen, Chor und Orchester der Deutschen Oper spielen auf höchstem Niveau. Man fragt sich, warum das Werk eigentlich so selten gespielt wird. Die Begeisterung des Publikums galt sicher zuerst den Ausführenden, aber Zandonais Musik hat durchaus ihre Meriten.

Schöne Menschen singen schöne Musik in schönen Bühnenbildern: So geht Oper!

Riccardo Zandonai, Francesca da RiminiDeutsche Oper Berlin, 19.Mai 2023

Francesca    Sara Jakubiak
Paolo    Jonathan Tetelman
Giovanni lo Sciancato, genannt Gianciotto    Ivan Inverardi
Malatestino dall’Occhio    Charles Workman

Musikalische Leitung  Ivan Repušič

Inszenierung  Christof Loy

Bühne  Johannes Leiacker

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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