Der Richard-Wagner-Verband Berlin-Brandenburg und sein rühriger Ehrenvorsitzender Rainer Fineske , inzwischen Präsident des Internationalen Richard-Wagner-Verbandes luden zu diesem Symposium ein, das in den Foyers und unter Zusammenarbeit mit der Deutschen Oper Berlin und dessen Förderkreis stattfand.
Die Referate wurden terminlich um den Besuch der Neuinszenierung des Nibelungen-Ringes durch Stefan Herheim an diesem Haus gruppiert, die just zum 70. Jahrestag der Neugründung der Bayreuther Festspiele stattfand. Es gelang den Veranstaltern, einen illustren Kreis von Zeitzeugen der Ära Wieland Wagners für die Teilnahme zu gewinnen, die das Publikum auf diese Zeitreise der speziellen Art mitnahmen.Den Anfang machte Frank Piontek, der einen Überblick über die Ring-Inszenierungen Wieland Wagners gab, die bereits in den Kriegsjahren ihren Ursprung hatten, bis sie in den 1960er Jahren in seinem letzten Ring ihren Höhepunkt fanden. Anhand von seltenem Bildmaterial machte Piontek deutlich, wie stark WW seine Arbeit als ein work in progress verstanden hat, und speziell bei den Kostümen immer neue Varianten fand.
Eine Lanze für Wielands Bruder Wolfgang Wagner brachen die französischen Publizisten Danielle Buschinger und Philippe Olivier , die ebenfalls durch Bildmaterial an die Ring-Inszenierungen des jüngeren Wagner-Enkels erinnerten. Die beiden Franzosen, Stammgäste in Bayreuth, plädierten eindringlich für die künstlerische Ebenbürtigkeit der beiden Wagners, konnten letzten Endes aber mit ihrer Argumentation nicht überzeugen.
Einen erfrischenden Kontrapunkt setzte die Sopranistin Anja Silja, die als wesentliche Protagonistin der Ära Wieland Wagners bei den Bayreuther Festspielen in sehr reflektierter Art über die biographischen Parallelen zwischen Wieland Wagner und dem Großvater der Künstlerin, Egon Friedrich Aders sprach, ihre beiden „Lebensmenschen“. Stephan Mösch schloß ein Referat über die „romanischen“ Dirigenten an, die Wieland Wagner bevorzugt für die Festspiele in Bayreuth gewinnen wollte, wobei er „romanisch“ mehr stilistisch als an die Nationalität gebunden verstand.
Am zweiten Tag der Referate machte die Musikwissenschaftlerin und Schriftstellerin Eva Rieger mit interessanten biographischen Details über die Wagner-Tochter Isolde Beidler bekannt, die Gegenstand einer neuen und ersten Biographie dieser tragischen Figur aus der Feder Eva Riegers sein wird.
Dieter Borchmeyer sprach im Anschluss daran über Franz Wilhelm Beidler, den Sohn Isoldes und Richard Wagners ersten Enkel, der sich vom Neubeginn der Bayreuther Festspiele bewusst distanzierte.
Rainer Fineske trug danach den Vortrag des krankheitshalber verhinderten Udo Bernbach vor, der sich mit den Artikeln in den Programmheften der Festspiele der 1950er Jahre beschäftigte. Er weist nach, dass deren Autoren überwiegend aus dem Dunstkreis der Nazi-Ideologie stammten, und sich dreist mit neuer Etikettierung für Neu-Bayreuth anbiederten.
Zum Abschluss wurde bei einer Podiumsrunde über Franz Wilhelm Beidler gesprochen, wobei Dieter Borchmeyer das Gespräch mit Dagny Beidler, dessen Tochter, führte. Zuletzt zogen noch Nike Wagner und Stephan Mösch ein Resumee der Veranstaltung, wobei der künstlerische, vor allem choreographische Anteil Gertrud Wagners an der Regiearbeit ihres Ehemannes Wieland gewürdigt wurde, und sich Nike Wagner einen Seitenhieb auf ihren Onkel Wolfgang nicht verkneifen konnte. Die „Stämme“ Wieland und Wolfgang bleiben wohl dauerhaft unversöhnt.
Dieses Symposium bot wieder reichlich Anregung für weiter führende Diskussionen und war gleichzeitig eine willkommene Gelegenheit, sich vor Ort auszutauschen.
Foto: Bayreuther Festspiele
Symposium in der Deutschen Oper Berlin, 16. bis 21. November 2021
zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de