“Siegfried” aus Sofia mit Strahlkraft

“Siegfried” aus Sofia mit Strahlkraft

Nach den fulminanten ersten beiden Teilen des „Ring des Nibelungen“ aus Sofia, war man gespannt auf den „Siegfried“, der nicht ohne Grund als der schwierigste Teil der Tetralogie gilt. Anders als in „Rheingold“ und „Walküre“ sind hier zumeist nur zwei handelnde Personen gleichzeitig auf der Bühne, was vom Regisseur die Fähigkeit zu guter Personenregie verlangt. Leider hält Plamen Kartaloff in dieser Hinsicht nicht das Niveau der vorangegangenen Arbeiten. Das stumme Auftreten von Siegfrieds toten Eltern ist ein wenig kitschig, vor allem dramaturgisch völlig unnötig. Originell ist dagegen, im Vorspiel pantomimisch Siegfrieds Geburt und frühe Kindheit kurz aufblitzen zu lassen.

Wieder hat der Bühnen- und Kostümbildner Nikolay Panayotov fantasievolle Szenarien geschaffen, aber speziell für den Wald im zweiten Akt schuf er wenig praktische Konstrukte, die wohl Dickicht symbolisieren sollen, für die Protagonisten aber wahre Stolperfallen darstellen. Insgesamt kämpfen sich aber alle Beteiligten tapfer durch die nicht immer funktionalen Kulissen. Bei den Kostümen, die ausnahmslos originell sind, geht manchmal die Fantasie mit Nikolay Panayotov durch, da ist Manches des Guten zuviel.Dirigent Pavel Baleff bereitet den Sängern mit einer reduzierten Orchesterbesetzung, die vom Kapellmeister Gotthold Ephraim Lessing (kein Scherz) erstellt wurde, ein stabiles musikalisches Gerüst. Das erspart ihnen gleichzeitig eine Überanstrengung der Stimme, was beim Wagner-Gesang oft zum vorzeitigen Ende von Sängerkarrieren führt.

Der große Trumpf auch dieses dritten Teiles der Tetralogie ist die fulminante Sängerriege. Neu ist die Besetzung des Wanderers mit Martin Tsonev, der einen kernigen Bassbariton für die Rolle mitbringt und gleichermaßen kräftig wie sicher im Detail phrasiert. Aus der Besetzung Fricka der ersten Teile wurde im Siegfried die Erda, die auch in dieser Rolle einen kräftigen dramatischen Mezzosopran zur Verfügung hat.

Gut bewährt hat sich auch der Alberich von  Biser Georgiev, der abermals mit markantem Bass überzeugt. Petar Buchkov ist wie schon im Rheingold ein starker Fafner, die Darstellung des feuerspeienden Drachen gerät allerdings szenisch suboptimal. Als Stimme des Waldvogels kann Lyubov  Metodieva mit schönem Koloratursopran überzeugen, sie optisch auf einer Schaukel zu zeigen, zerstört aber die Illusion. Gesang von der Seite wäre die bessere Lösung gewesen.

Eine grandiose Charakterstudie liefert Krasimir Dinev als Mime. Auch er fiel mit seinem schneidenden Charaktertenor bereits im Rheingold positiv auf. Zentrale Figur ist natürlich Siegfried, dem Martin Iliev mit seinem leuchtenden Heldentenor die erforderliche Statur verleiht. Ilievs tenorale Kräfte scheinen schier unerschöpflich zu sein, dabei erfreut er durchaus auch mit der Kultiviertheit und Schönheit seiner Stimme. Es überrascht, dass nach diesem bereits 2012 aufgezeichneten Ring nicht Opernhäuser und Agenten bei ihm Schlange standen. Durchaus ebenbürtig erweist sich im ausladenden Finale die Brünnhilde Bayasgalan Dashniams, die nach etwas verhaltenem Beginn die Strahlkraft ihres dunkel timbrierten Soprans großartig mit Ilievs tenoralem Strahl verbindet. Die beiden bilden ein absolutes Power-Paar, das musikalisch keinen Wunsch offen lässt und so von der schwachen szenischen Deutung des Finales ablenkt.

Nach diesem beeindruckenden Siegfried wächst die Neugier auf die finale Götterdämmerung, die hoffentlich auch bald auf DVD verfügbar sein wird.

Richard Wagner
Siegfried

Orchester der Oper Sofia
Pavel Baleff  DirigentPlamen Kartaloff  Regie

Dynamic 37899

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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