Mit nur 37 Jahren zog sich der erfolgreiche Opernkomponist Gioachino Rossini vom Theater zurück, nachdem er insgesamt 39, zum Teil sehr erfolgreiche Opern komponiert hatte. Vollblutmusiker, der er war, reichte ihm aber die ausschließliche Beschäftigung mit der Gourmet-Küche nicht aus, und er komponierte weiter, allerdings hauptsächlich für das Klavier. In seinem Pariser musikalischen Salon experimentierte er mit verschiedenen musikalischen Formen und Besetzungen.
In nicht weniger als dreizehn Alben und zwei Supplement-Bänden stellte der Komponist eine Vielzahl von reizvollen, zum Teil humoristischen Stücken zusammen, die neben dem Soloklavier zum Teil auch für größere kammermusikalische Ensembles geschrieben sind. Auch von Vokalkompositionen wollte Rossini nicht endgültig lassen, so finden sich in den Alben auch Vokalensembles und Solostücke für verschiedene Stimmlagen. Auch Chöre und Orgel werden in manchen Stücken eingesetzt.Das Label Naxos, schon lange auch auf die Erschließung von selten aufgeführtem Repertoire spezialisiert, hat in den Jahren 2008 bis 2018 auf insgesamt 13 CDs einen großen Teil dieser „Sünden des Alters“, wie Rossini sie selbst nannte, eingespielt.
Der Löwenanteil der Aufnahmen wird von dem italienischen Pianisten Alessandro Marangoni bestritten, der einen wesentlichen Teil der insgesamt etwa 100 Stücke für Klavier solo interpretiert, sich in einzelnen Werken aber auch als Organist betätigt. Seine künstlerische Kompetenz stellt den Motor dieses umfangreichen Projektes dar, an dem allerdings auch noch eine Reihe von Gesangsolisten und Instrumentalisten beteiligt waren.
Die Sopranistinnen Laura Giordano, Maria candela Scralabrini, die Mezzosopranistinnen Giuseppina Bridelli, Lilly Jorstad und Cecilia Molinari, der Tenor Alessandro Luciano und die Baritone Vittorio Prato und Bruno Taddia lassen den Vokalkomponisten Rossini zu seinem Recht kommen. Instrumental betätigen sich der Hornist Ugo Favaro, der Geiger Massimo Quarta und der Cellist Enrico Dindo, unter dem Dirigenten Marco Berrini ist in wenigen Stücken auch der Ars Antica-Chor zu hören.
Der Komponist gab den einzelnen Stücken teilweise sehr originelle, ironische Namen, die auf den Anlass und die Umstände der Komposition hinweisen. Übersetzt lauten die Namen z.B. „gefolterter Walzer“, „Asthmatische Etüde“ oder „Fehlgeburt einer Polka-Mazurka“. Er nahm aber auch ernstere Anlässe für Kompositionen wahr, wie beispielsweise den Tod seiner Schwiegermutter.
Man könnte hier Seiten füllen mit den liebenswerten Details dieser späten Kompositionen, von denen jede verdiente, besonders gewürdigt zu werden. Vieles des hier Gehörten wurde zum ersten Mal eingespielt, man hat es mit einer Vielzahl von „World premiere recordings“ zu tun, die den Katalog von Einspielungen der Werke Rossinis erheblich erweitern.
Das Projekt erforderte zweifellos einen langen Atem, der ohne die Mitwirkung und Förderung der Fondazione Rossini in Pesaro wohl nicht zustande gekommen wäre. Die Fülle der Entdeckungen, die man auf jeder einzelnen der CDs machen kann, lohnen eine intensive Beschäftigung. Für die Würdigung des Komponisten und seines Gesamtwerkes sind sie von unschätzbarem Wert.
Gioachino Rossini, Complete Piano Music
Péchés de vieillesse (Sins of Old Age)
Alessandro Marangoni Piano
13 CDs
Naxos 8.501306
zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de