Petrenkos „Elektra“ in der Philharmonie Berlin: Ich trage die Last des Glückes

Petrenkos „Elektra“ in der Philharmonie Berlin: Ich trage die Last des Glückes

Mit großer Spannung wurde diese konzertante Aufführung erwartet, die nach den szenischen Aufführungen in Baden-Baden Petrenkos „Elektra“ auch nach Berlin bringen sollte. Im Vorfeld eine Enttäuschung: die in Baden-Baden noch gefeierte Nina Stemme musste kurzfristig absagen. Gerettet wurde die Aufführung durch das beherzte Einspringen von Ricarda Merbeth, die im Augenblick europaweit DIE Elektra vom Dienst ist.

Ricarda Merbeth © Mirko Jörg Kellner

Bereits das Ensemble der fünf Mägde wurde ausgezeichnet gesungen. Die Sängerinnen mischten ihre unterschiedlichen Stimmfarben vortrefflich und eröffneten den Reigen großer vokaler Leistungen. Schon zu Beginn von Elektras Monolog war klar, dass Ricarda Merbeth sehr viel mehr als nur Ersatz war. Durchgehend gestaltete die Sängerin die rachsüchtige Atridentochter mit schier unerschöpflichen Kraftreserven. Die Künstlerin, die als lyrischer Sopran begonnen hatte, hat sich über die Jahre das hochdramatische Fach erobert und erntet nun die Früchte einer klug aufgebauten Karriere.

Die Chrysothemis der Elza van den Heever war mit ihrem hellen, leuchtenden Sopran der ideale Widerpart zur gedeckteren Stimme Merbeths, die Stimmen ergänzten sich ideal.

Eine fulminante Leistung bot auch die Klytämnestra Michaela Schusters, die mit orgelnder, satter Tiefe der mörderischen Königin Format verlieh, und deren Todesängste glaubhaft in den Gesang einfließen ließ. Ein Kabinettstück der Aegisth Wolfgang Ablinger-Sperrhackes, der den schlechten Charakter seiner Rolle in kräftigen Stentortönen ausbreitete.

Ein wenig eindimensional blieb der Orest Johan Reuters, dessen Kantilenen etwas trocken und farblos wirkten.

Die Hauptrolle fiel aber eindeutig den Berliner Philharmonikern zu, die unter Kirill Petrenkos federndem Dirigat die geniale und wohl kühnste Partitur von Richard Strauss in einen Klangrausch verwandelten. Feinste Details waren da zu hören, der erfahrene Operndirigent Petrenko fand den genau richtigen Weg zwischen Rücksichtnahme auf die Sänger und furioses Auftrumpfen in den reinen Orchesterpassagen. Ein Höhepunkt das Aufrauschen des Orchesters, nachdem Elektra Orest erkannt hat, vielleicht noch übertroffen von der ekstatischen Steigerung während des Tanzes von Elektra, bis sie unter der „Last des Glückes“ tot zusammenbricht.

Die Aufführung begeisterte durch die fulminante Leistung der Philharmoniker, das großartige Sänger-Ensemble verlieh ihr zusätzlich den Rang des Außergewöhnlichen. Kirill Petrenko verwöhnt sein Publikum, das ihn am Ende aber auch, wie alle Beteiligten, mit frenetischem Beifall belohnt.

Richard Strauss: Elektra, Oper in einem Aufzug
(konzertante Aufführung)

Michaela Schuster (Klytämnestra)
Ricarda Merbeth (Elektra)
Elza van den Heever (Chrysothemis)
Wolfgang Ablinger-Sperrhacke (Aegisth)
Johan Reuter (Orest)

Kirill Petrenko © Chris Christodoulou

Rundfunkchor Berlin
Berliner Philharmoniker

Kirill Petrenko  Dirigent

Philharmonie Berlin, 4. April 2024

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

Menü schließen