Missglücktes Experiment : Stravinskys „Mavra“ und Tchaikovskys „Iolanta“ sind nicht kompatibel

Missglücktes Experiment : Stravinskys „Mavra“ und Tchaikovskys „Iolanta“ sind nicht kompatibel

Es war keine schlechte Idee, die Kurzoper „Mavra“ von Stravinsky und Tchaikovskys letzte Oper „Iolanta“ im Opernstudio der Bayerischen Staatsoper mit jungen Nachwuchssängern einzustudieren und im intimen barocken Cuvilliés-Theater aufzuführen. Den etwas schrillen, hauptsächlich als Filmemacher bekannten Regisseur Axel Ranisch als Regisseur zu wählen, war vielleicht schon keine so gute Idee, bereits in der Vergangenheit haben Filmregisseure in dem ihnen fremden Metier enttäuscht.

Axel Ranisch geht reichlich brachial vor, der pointierte Witz von Stravinskys Kurzoper und der romantisch schwermütige Tiefgang von Tchaikovskys letztem Bühnenwerk werden von ihm szenisch wie musikalisch vermischt, das Resultat ist weder Fisch noch Fleisch. In „Mavra“ tragen alle Mitwirkenden überdimensionierte künstliche Köpfe, das sieht weder gut aus, noch erbringt es tiefere Erkenntnisse. Es wird etwas täppisch getänzelt, die Geschichte vom als Köchin verkleideten Liebhaber aber zu abstrakt erzählt.

Die deutlich eingekürzte „Iolanta“ erlebt man in einer weitgehend konventionellen szenischen Form, die allerdings auch kein Klischee altmodischen Regiestils auslässt. Am Ende greift Ranisch aber entscheidend in die Handlung ein: Iolanta wird nicht von ihrer Blindheit geheilt, ihr Liebhaber Vaudémont blendet sich selbst aus Solidarität mit seiner blinden Braut. Danach erleben wir die letzte Szene der „Mavra“, an deren Ende das Liebespaar jenem aus der „Iolanta“ die künstlichen Köpfe überstreift, durch die jene wieder sehen können. Als ähnlich konstruiert muss man das gesamte Projekt bezeichnen, das nur musikalisch überzeugen kann.

Die Dirigentin Alevtina Ioffe dirigiert das Bayerische Staatsorchester äußerst umsichtig, es gelingt ihr erstaunlich gut, die Brüche zwischen Tchaikovskys und Stravinskys Orchestersprache zu überbrücken.

ehr positiv fällt die vokale Bilanz aus. Allen voran Mirjam Mesak , die ihrer Iolante allen Schmelz ihres gut fokussierten, schönen Soprans verleiht. Als liebender Vaudémont steht ihr der Tenor Long Long zur Seite, der über einen kräftigen, technisch sauberen lyrischen Tenor verfügt. Auch die kleineren Rollen sind durchaus ansprechend besetzt, man hat nie das Gefühl, es mit Anfängern zu tun zu haben.

Das Liebespaar in Mavra wird von Anna El-Khashem und Freddie De Tommaso ausgezeichnet verkörpert, ein wenig werden ihre Leistungen aber von der den Abend dominierenden Iolanta überstrahlt. De Tommaso hat seit der Aufzeichnung dieser Produktion 2019 bereits wesentliche Karriereschritte gemacht.

Am Ende bedauert man, die beiden Opern nicht in konventioneller Form gehört und gesehen zu haben. Der Mehrwert von Ranischs Verquickung der Werke geht gegen Null. Das noch junge Eigenlabel der Bayerischen Staatsoper hat sich mit der Veröffentlichung auch keinen Gefallen getan!

Igor Stravinsky

Pyotr Tchaikovsky

Mavra/Iolanta

Bayerische Staatsoper

BSOREC 2003

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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