Michael Spyres’ Debüt in Strasbourg: Die Welt hat einen neuen Lohengrin

Michael Spyres’ Debüt in Strasbourg: Die Welt hat einen neuen Lohengrin

Das ehrwürdige Opernhaus von Strasbourg, erbaut 1821, also bevor Wagner überhaupt ans Komponieren dachte, war am 10. März Schauplatz des lange erwarteten Debüts von Michael Spyres in einer Wagner-Partie. Das lockte  natürlich zahlreiche Fans des gefeierten Baritenors an, die im eher klein dimensionierten Haus für drangvolle Enge sorgten.

Von den ersten sphärischen Klängen des Vorspiels an war klar, dass der Dirigent Aziz Shokhakimov mit dem Orchestre philharmonique de Strasbourg für einen mehr als nur soliden Abend sorgen würde.

Als dann der Heerrufer Edwin Fardini mit seinem schön timbrierten, kräftigen Bassbariton die Stimme erhob, setzte wahres Wagner-Glück ein. Timo Riihonen als König Heinrich harmonierte bestens mit Fardini, und später auch mit dem Telramund Josef Wagners Bassbariton. Die drei dunklen Stimmen, die alle Nuancen ihrer Rollen ausloteten und sich durch ihre Individualität profilierten, setzten schon zu Beginn der Aufführung einen hohen Standard.

Vor so viel Manpower musste sich die Elsa Johanni van Oostrums aber keineswegs geschlagen geben. Ihre Gestaltung bestach durch eine klare, helle Höhe mit jungfräulichem Schmelz. Ihre Gegenspielerin Ortrud wurde von Martina Serafin mit allzu viel Schärfe ausgestattet, ihr großer Sopran klingt leider aufgeraut und abgesungen, das hochdramatische Fach hat wohl seinen Tribut gefordert.

Der Debütant Michael Spyres betrat die Bühne nicht nur als Befreier Elsas, seine sieghafte Attitüde dominierte die gesamte Aufführung. Spyres, dessen Weg im Belcanto-Fach begann, hat sich über die Jahre zu einem der vielseitigsten, vor allem wissenden Sänger entwickelt. Klug und überlegt hat er seinen Einstieg in die Rollen Wagners vorbereitet und organisch aufgebaut. Nun kann er beginnen, die Ernte einzufahren. Gute Wagner-Tenöre waren zu allen Zeiten Mangelware, mit seinem ersten Lohengrin hat Spyres die erste Stufe zum Thron erfolgreich genommen. Sein schönes Timbre mit samtenem baritonalem Kern bietet ihm die Basis für die strahlend ausgeführten Höhen der Partie, sein perfektes Legato rundet seine Leistung ab. Die Welt hat einen neuen Lohengrin!

Die Regie Florent Siauds betont das romantische Element der Handlung, die Personenführung ist nicht ganz unproblematisch, was ein wenig auch der engen Bühne geschuldet ist, die weder Seiten- noch Hinter- oder Drehbühne besitzt.

Der Chor des Hauses, verstärkt durch jenen des Opernhauses Nantes, setzt wuchtige Akzente, sein einziges Problem ist, genügend Platz auf der engen Bühne zu finden. Dem Dirigenten gelingt eine sehr geschlossene, dichte und konzentrierte Aufführung. Das weiß das Publikum zu würdigen und feiert am Ende alle Beteiligten, allen voran Spyres, mit nicht enden wollendem Beifall.

Strasbourg hat nach 30 Jahren wieder einen Lohengrin, die Welt einen neuen Wagner-Tenor.

Richard Wagner
Lohengrin

Dirigent   Aziz Shokhakimov
Regie   Florent Siaud

Orchestre philharmonique de Strasbourg
Chöre der Opernhäuser Strasbourg und Nantes

Opéra national du Rhin, Strasbourg, Premiere, 10. März 2024

zuerst erschienen bei http://www. klassik-begeistert.de

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