Menottis „Amahl and the Night Visitors“ schrammt knapp am Kitsch vorbei

Menottis „Amahl and the Night Visitors“ schrammt knapp am Kitsch vorbei

In den USA genießt diese Weihnachts-bzw. Kinderoper Gian Carlo Menottis, für die der Komponist selbst das Libretto verfasste, große Beliebtheit. In der Vorweihnachtszeit erlebt sie dort wohl Aufführungszahlen, die bei uns jenen von Humperdincks „Hänsel und Gretel“ vergleichbar sind.

Stefan Herheim, der Intendant des Theaters an der Wien, hat das Werk 2022 im Ausweichquartier seines renovierungsbedingt geschlossenen Hauses im Wiener Museumsquartier in deutscher Sprache inszeniert. Die Oper ist mit knapp fünfzig Minuten Dauer für ein kindliches Publikum bestens geeignet, auch die Zahl der benötigten Darsteller ist überschaubar.

Die Geschichte vom schwer kranken Jungen Amahl, der an ein Krankenhausbett gefesselt ist, und dem die heiligen drei Könige erscheinen, die ihn am Ende in den Himmel mitnehmen, ist naturgemäß ein wenig sentimental. Der Regisseur Herheim lässt das Krankenzimmer bewusst funktional technisch ausgestattet, Amahls besorgte Mutter trägt Jeans, so wird die Handlung eindeutig im hier und jetzt verortet. Auch die Kostüme der drei Könige sind vergleichsweise schlicht, so wird zumindest optisch für eine gewisse Nüchternheit gesorgt. Dass am Ende kleine Engel als Kinderchor auftreten, und auch Amahl auf seinem Aufstieg in den Himmel Engelsflügel trägt, ist Teil der Geschichte, und es gelingt Herheim, den Stoff weitgehend kitschfrei zu halten.

In der Titelrolle kann der Wiener Sängerknabe Tempu Ishijima als Figur überzeugen, gesanglich ist die Rolle nicht sehr ergiebig. Als seine Mutter überzeugt Dshamilja Kaiser mit robustem Sopran. Luxuriös sind die drei heiligen Könige mit Paul Schweinester, Nikolay Borchev und Wilhelm Schwinghammer besetzt, denen auch die interessanteren vokalen Rollen zugeteilt sind.

Die Wiener Symphoniker unter dem Dirigenten Magnus Loddgard und der Arnold-Schönberg-Chor sorgen für ein solides klangliches Fundament, das die Aufführung zu einer gelungenen, runden Sache werden lässt.

Ausdrücklich loben muss man auch die sehr funktionale, aber trotzdem stimmige Bühnenausstattung von Sebastian Ellrich.

Ob Menottis Oper in unseren Breiten jemals populär werden wird, kann die Zukunft zeigen. Das Publikum in Wien nahm die Aufführung jedenfalls mit starkem Applaus an.

Gian Carlo Menotti
Amahl and the Night Visitors

Wiener Symphoniker
Magnus Loddgard   Dirigent
Stefan Herheim   Regie

Naxos NBDO 175V

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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