Janáček lässt seinen Herrn Brouček auf den Mond und in den Prager Frühling reisen

Janáček lässt seinen Herrn Brouček auf den Mond und in den Prager Frühling reisen
Die Ausflüge des Herrn Brouček Oper in zwei Teilen (1920) Musik von Leoš Janáček Premiere am Sonntag, 16. März 2025 18.00 Uhr Staatsoper Unter den Linden, Berlin Musikalische Leitung: Simon Rattle Inszenierung: Robert Carsen Spielleitung: Tabatha McFadyen Bühne: Radu Boruzescu Kostüme: Annemarie Woods Licht: Robert Carsen, Peter van Praet Video: Dominik Žižka Choreographie: Rebecca Howell Einstudierung Chor: Gerhard Polifka Dramaturgie: Robert Carsen, Patricie Částková, Elisabeth Kühne Matěj Brouček: Peter Hoare Mazal, Blankytný, Petřík: Aleš Briscein Sakristan, Lunobor, Domšík von der Glocke: Gyula Orendt Málinka, Etherea, Kunka: Lucy Crowe Würfl, Čaroskvoucí, Schöffe: Carles Pachon Hilfskellner, Wunderkind, Student: Clara Nadeshdin Kedruta: Natalia Skrycka Dichter, Oblačný, Vacek: Arttu Kataja Maler, Duhoslav, Vojta: Stephan Rügamer Komponist, Harfoboj, Miroslav: Linard Vrielink Svatopluk Čech: Gyula Orendt Staatsopernchor, Staatskapelle Berlin Koproduktion mit dem Nationaltheater Brünn und dem Teatro Real, Madrid Copyright by Arno Declair Birkenstr. 13b 10559 Berlin +49 (0)172 400 85 84 arno@iworld.de Konto 600065 208 Blz 20010020 Postbank Hamburg IBAN/BIC : DE70 2001 0020 0600 0652 08 / PBNKDEFF Veröffentlichung honorarpflichtig! Mehrwertsteuerpflichtig 7% USt-ID DE 273950403 St.Nr. 34/257/00024 FA Berlin Mitte/Tiergarten

Diese Oper Janáčeks gehört zu den selten aufgeführten Werken des Komponisten. Das mag daran liegen, dass ihre Handlung doch sehr speziell, und die Musik weniger inspiriert ist, als bei den späteren Meisteropern. Also traf diese Neuinszenierung an der Berliner Staatsoper auf ein unvorbereitetes Publikum.

Der Regisseur Robert Carsen hat das Stück über den Hausbesitzer Brouček, dessen liebster Aufenthalt seine Stammkneipe in Prag mit Bier und Würsten ist, sehr lebendig und kurzweilig auf die Bühne gebracht. Dafür griff er zu zwei anachronistischen Tricks, die sich als zündende Ideen entpuppten, und die Aufführung zum bejubelten Erfolg führten.

Gyula Orendt © Arno Declair

Im Hintergrund der Prager Kneipe steht ein Fernseher, auf dem eine Übertragung der ersten Mondlandung läuft. Dies inspiriert den Titelhelden zu seinem virtuellen Ausflug auf den Mond. Original-Videos werden geschickt eingesetzt, ganz real fährt auch eine Kopie des damals benutzten Fahrzeugs über die Szene. Die Mondbevölkerung feiert gerade das Moonstock-Festival, unschwer anhand von Videos als Woodstock 1968 zu erkennen. Enttäuscht wendet sich Brouček zurück zur Erde und wacht wieder in seiner Stammkneipe auf.

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Im zweiten Teil wird er in die Hussitenkriege des 15. Jahrhunderts versetzt. Die deutet der Regisseur in die kurze Geschichte des Prager Frühlings 1968 und seine brutale Niederschlagung durch die Sowjets um.

Wieder kommen Videos zum Einsatz, welche die Protagonisten der damaligen Ereignisse, wie Alexander Dubček und Jan Palach zeigen, jenen unglücklichen Studenten, der sich als Protest gegen die Brutalität der Russen selbst am Wenzelsplatz verbrannte, und zum Märtyrer wurde. Selbst der legendäre Sieg der tschechischen Eishockey-Mannschaft über die Sowjets wird gezeigt. Das sind beklemmende Reminiszenzen an jene Ereignisse, nur fraglich, ob Zuschauer unter fünfzig diese Bilder historisch richtig zuordnen können.

Chor und Tanzensemble © Arno Declair

Der Aufführung geben diese Exkurse jedenfalls Tempo, Struktur, und einen eigenen Reiz. Die vielen kleinen Rollen sind auf wenige Sänger verteilt, die jeweils als verschiedene Charaktere auftreten. Zentrum der Aufführung ist natürlich der Brouček von Peter Hoare, der mit seinem Charaktertenor ein authentisches Bild des Zechers zeichnet. Lucy Crowe sorgt als Málinka und in weiteren Rollen mit ihrem glockenreinen Sopran für die vokalen Highlights des Abends. In weiteren verschiedenen Rollen können Aleš Briscein, Linard Vrielink und Gyula Orendt überzeugen.

Aleš Briscein und Lucy Crowe; im Hintergrund: Peter Hoare © Arno Declair

Sir Simon Rattle, der schon mehrfach mit Janáček-Dirigaten überzeugen konnte,  ist auch diesmal ein kompetenter Sachwalter des mährischen Komponisten. Musikalisch entfaltet sich das Genie des Komponisten erst richtig im zweiten Teil, der dann am Ende aber ein jubelndes Publikum hinterlässt. Eine durchaus sehens- und hörenswerte Rarität!

Stephan Rügamer, Peter Hoare, Gyula Orendt, Arttu Kataja, Linard Vrielink
© Arno Declair

Die Ausflüge des Herrn Brouček

Oper in zwei Teilen (1920)
Musik von Leoš Janáček

Musikalische Leitung:  Simon Rattle
Staatsopernchor, Staatskapelle Berlin

Inszenierung:  Robert Carsen

Matěj Brouček:  Peter Hoare
Mazal, Blankytný, Petřík:  Aleš Briscein
Sakristan, Lunobor, Domšík von der Glocke, Svatopluk Čech:  Gyula Orendt Málinka, Etherea, Kunka:  Lucy Crowe
Komponist, Harfoboj, Miroslav:  Linard Vrielink

Staatsoper Unter den Linden, 16. März 2025 PREMIERE

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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