Herbert Blomstedt auf der Reise nach Prag

Herbert Blomstedt auf der Reise nach Prag

Pünktlich zu Herbert Blomstedts 95. Geburtstag erscheint diese CD, ein Mitschnitt des Konzerts zum Gedenken des 100. Geburtstages des einstigen Gewandhaus-Kapellmeisters Vaclav Neumann.

Die gewählten Stücke sind ebenfalls eine Hommage, in diesem Fall an Neumanns Heimatstadt Prag. Mozarts 38. Symphonie in D-Dur hat trotz der sonnigen Tonart doch eine deutliche düstere Komponente, selbst noch im finalen Presto schimmert durch die temperamentvollen Wendungen ein Hauch von Wehmut. Herbert Blomstedt, der charismatische Doyen der großen Dirigenten ist genau der richtige Mann am Pult, um diese Doppelbödigkeit des Werks aufzuspüren und hörbar zu machen. Im Vergleich zu früheren Aufnahmen des Werkes hat Blomstedt seine Sichtweise noch vertieft.

Als zweites Werk hören wir die Symphonie in D-Dur von Jan Václav Vořišek, einem weniger bekannten tschechischen Komponisten, der fünf Monate vor Mozarts Tod 1791 geboren wurde. Eine Tuberkulose-Erkrankung raffte ihn bereits mit 34 Jahren dahin. Sein kompositorisches Erbe ist relativ schmal, zeitweilig hatte Vořišek, der auch Rechtswissenschaften studiert hatte, als Beamter im Staatsdienst gearbeitet. Schließlich erhielt er aber eine Stellung als Hoforganist, mit dieser und seiner Dirigier- und Lehrtätigkeit bestritt er seinen Lebensunterhalt. Beethoven soll sich lobend über seine frühen Kompositionen geäußert haben.

Die Symphonie in D-Dur, 1821 entstanden, ist das heute am häufigsten aufgeführte Werk des Komponisten . Es ist deutlich dem Geist Mozarts verpflichtet, findet aber zu durchaus eigenständiger musikalischer Sprache. Anklänge an den bewunderten Beethoven sind aber auch deutlich auszumachen.

Blomstedt gesteht dem Werk die verdiente Ernsthaftigkeit der Interpretation zu, hier wird sehr inspiriert dem Geist der Musik nachgespürt, die sich im Vergleich mit Mozart durchaus behaupten kann.

Das Leipziger Spitzenorchester huldigt mit diesem Konzert seinem unvergessenen einstigen Kapellmeister Vaclav Neumann, der seine Leipziger Stellung 1968 aus Protest gegen den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in seine tschechische Heimat verließ. Das ist ebenso Geschichte wie Blomstedts schon länger zurückliegende Zeit in Leipzig.

Diese CD erscheint kurz vor Blomstedts 95. Geburtstag, den der Dirigent wegen eines Sturzes diesmal leider nicht am Dirigentenpult feiern kann. Neben herzlichen Glückwünschen gehen also auch Genesungswünsche an den unverwüstlichen Jubilar!

W.A. Mozart
Symphonie Nr.38 „Prager“

Jan Václav Vořišek
Symphonie in D-Dur

Gewandhausorchester Leipzig
Herbert Blomstedt  Dirigent

Accentus music  ACC 30574

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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