Händels „Saul“ als packendes Familiendrama

Händels „Saul“ als packendes Familiendrama

Der Komponist Händel hatte bereits eine große Zahl an erfolgreichen Opern geschrieben, als sich der musikalische Trend der Zeit ab ca. 1730 wandelte, und das Publikum eher nach Oratorien verlangte. Für den flexiblen Tonsetzer war das kein Problem, wobei man Händels Oratorien durchaus den Opernkomponisten anmerkt, was ja kein Nachteil ist.

Auch beim Oratorium „Saul“, kurz vor dem besonders erfolgreichen „Messias“ entstanden, bleibt die musikalische Dramaturgie einer Oper präsent. So bietet sich wie bei nicht wenige der Oratorien Händels eine szenische Aufführung an.

Im Theater an der Wien nahm sich Claus Guth im letzten Jahr des Werkes an und realisierte mit einem sehr homogenen Ensemble von Solisten eine überzeugende, starke Deutung in Form einer Familienaufstellung. Die Familie König Sauls verfällt der Verzauberung durch den einfachen Knaben David, der sich anschickt, durch seine Heldentaten den König zu übertrumpfen. Währen Saul versucht, David zu töten, erliegen seine drei Kinder dem Charisma des Jünglings.

Guth erzählt diese Geschichte in einfachen, aber aussagekräftigen Bildern, vor allem seiner Personenregie gelingt es, die Geschichte glaubwürdig zu erzählen. Zugute kommen dem Regisseur dabei die starken Persönlichkeiten seiner Hauptdarsteller.

Florian Boesch, Spross der berühmten Wiener Sängerfamilie, zeichnet als Saul das Porträt einer zerrissenen Persönlichkeit, die am meisten an sich selbst leidet und schließlich zerbricht. Darstellerisch wie stimmlich gibt er dem König mit seinem kräftigen Bariton die entsprechende Statur. Sein Gegenspieler ist der britische Countertenor Jake Arditti als David, der seinen schlanken, schön gebildeten Countertenor meisterhaft für die Darstellung dieser charismatischen Figur einsetzt. Dass der junge Sänger gleichzeitig auch eine Augenweide ist, macht seine Wirkung auf die drei Kinder des Königs umso glaubwürdiger.

Ein Höhepunkt der Handlung ist die Szene, in der Jonathan, Merab und Michal beginnen, David zu entkleiden und ihn zu berühren. Rupert Charlesworths Tenor unterscheidet sich deutlich von dem Countertenor Ardittis, ergänzt die Ensembles markant mit seiner kraftvoll eingesetzten Stimme. Die Töchter Sauls werden von Anna Prohaska (Merab) und Giulia Semenzato (Michal) sehr unterschiedlich angelegt, überzeugen stimmlich voll, szenisch bleiben sie ein wenig hinter den starken männlichen Figuren zurück.

Einen wesentlichen Anteil am Gelingen dieser Produktion haben  der bestens disponierte Arnold Schönberg Chor und das stilsicher aufspielende Freiburger Barockorchester unter dem Dirigenten Christopher Moulds. Musikalisch wie szenisch hält die Aufführung den Spannungsbogen über die Spieldauer von zweieinhalb Stunden und beschert ein optisches wie akustisches Vergnügen der Extraklasse.

George Frideric Handel
Saul

Freiburger Barockorchester
Christopher Moulds

Unitel 805604

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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