Giuseppe Verdi, Attila – eine sehr ausgewogene Produktion

Giuseppe Verdi, Attila – eine sehr ausgewogene Produktion

Die frühen Opern Verdis weisen gegenüber seinen späteren Meisterwerken doch einige Defizite auf. Einen Mangel an melodischen Einfällen kann man zwar nicht erkennen, aber die Dramaturgie jener frühen Werke lässt die Stücke oft spröder geraten, als es nötig wäre.

So ist auch Verdis neunte Oper Attila von ihrem Ablauf eher unglücklich konstruiert. Die weibliche Hauptperson Odabella verschießt ihr Pulver, sprich ihre große Arie bereits in den ersten Minuten des relativ langen Prologs, dem dann drei kurze Akte folgen. In gut hundert Minuten ist das Drama um den Hunnenkönig Attila, das weit von der historischen Fakten abweicht, auch schon zu Ende.

Nördlich der Alpen ist das Werk in szenischer Form selten zu erleben, auch der vorliegende CD-Mitschnitt dokumentiert eine nur konzertante Aufführung im Münchner Prinzregententheater vom Oktober 2019.

Ivan Repusic holt aus dem höchst motiviert aufspielenden Münchner Rundfunkorchester und dem bewährten Chor des Bayerischen Rundfunks ein Optimum an Italianita heraus. Auch an der Sängerbesetzung wurde nicht gespart. Für den Hunnenkönig Attila konnte man Ildebrando D’Arcangelo gewinnen, der dem Titelhelden mit seinem reifen Bass das gebührende vokale Gewicht verleiht. Mit George Petean als Ezio und Gabriel Rollinson als Leone sind zwei weitere dunkle Stimmen zu hören, was die Unterscheidung im etwas wirren Handlungsablauf erheblich erschwert. Eine schöne Tenorstimme mit sehr individuellem Timbre steht Stefano La Colla als Foresto zur Verfügung, er setzt sie ebenso wie sein Fachkollege Stefan Sbonnik in der kleinen Rolle des Uldino wirkungsvoll ein.

Die große Enttäuschung der Aufnahme ist Ludmyla Monastyrska als Odabella, bei der es sich eigentlich um eine Partie handelt,die man fast dem Belkanto zurechnen kann. Monastyrska macht daraus mindestens eine Abigail, wenn nicht gar eine Lady Macbeth. Ihr großer Auftritt im Prolog gerät ihr unschön scharf, zu laut und mit flackernden Höhen. Offenbar verfügt die Sopranistin über ein dramatisches Naturell, auf der Bühne mag der Überdruck ihrer Interpretation vielleicht beeindrucken, auf Tonträgern schmeichelt er nicht unbedingt dem Ohr.

Insgesamt aber eine sehr ausgewogene Produktion, Ivan Repusic scheint sich in seiner neuen Funktion als Chef des Münchner Rundfunkorchesters wohl zu fühlen, man kann von ihm sicher noch schöne Verdi-Ausgrabungen und andere Raritäten erwarten.

BR Klassik 900330

zuerst erschienen beihttp://www.klassik-begeistert.de

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