Eine ganze Felslawine von Biopics

Eine ganze Felslawine von Biopics

Von dieser breit angelegte Familienbiografie zweier durch Heirat verbundener Künstlerfamilien erhofft man sich vor allem vertiefte Informationen über den Komponisten Walter Braunfels. Der Autor setzt aber bereits zwei Generationen früher an und holt damit bis weit in das 18. Jahrhundert aus. Tatsächlich finden sich in beiden Familienzweigen interessante Persönlichkeiten. Sind es im Falle der Familie Hildebrand eher bildende Künstler, so ist die Familie Braunfels mehr geisteswissenschaftlich und musikalisch geprägt.

Die Verbindung, welche die beiden Familien zusammenführt, ist 1909 die Heirat des Komponisten Walter Braunfels mit der Tochter Bertel des Bildhauers Adolf von Hildebrand, die zuvor mit Wilhelm Furtwängler verlobt war.

Der Autor Wolfgang Herles bekam wohl Zugang zu Dokumenten und Archiven der beiden Familien, dadurch sind die Lebensbeschreibungen authentisch. Den größten Teil des Buches nehmen die Biografien Adolf von Hildebrands, Walter Braunfels‘ und am Ende noch jene des Architekten Stephan Braunfels ein. Darauf beschränkt sich der Autor aber nicht, er arbeitet gewissenhaft auch noch die Lebenswege anderer Familienmitglieder ab. Um das Buch nicht ausufern zu lassen, bleiben manche Biografien aber nur Miniaturen. Man kann stellenweise schon den Überblick über die Vielzahl der Familienmitglieder verlieren, die komprimierte Aufzählung von Lebenswegen- und Daten wirkt ein wenig ermüdend.

Der Komponist Walter Braunfels, seit seiner allmählichen Wiederentdeckung der vielleicht aktuell Interessanteste der Porträtierten, kommt in dem flüssig geschriebenen Text ein wenig zu kurz, seine Beschreibung will sich nicht recht in ein nachvollziehbares Bild verfestigen. Bei mehreren der erwähnten Familienmitglieder spielen Glaubensfragen eine wesentliche Rolle, das Konvertieren zum bzw. vom Katholizismus zieht sich beinahe wie ein roter Faden durch die Familiengeschichte.

Was im Laufe der Lektüre mehr und mehr irritiert, ist die Tendenz zur Beschönigung auch negativer Aspekte einzelner Biographien. So bleibt beispielsweise die fragwürdige Moral des Philosophen Dietrich von Hildebrand unkommentiert.

Herles arbeitet als roten Faden die Streitbarkeit vieler Mitglieder der beiden Familien heraus, was schließlich zu dem Titel des Buches führte. Das Wohlwollen des Autors gilt wohl ganz besonders dem zuletzt Porträtierten, dem Architekten Stephan Braunfels, einer nicht unumstrittenen Persönlichkeit. Durch die Biographie dieses Braunfels ziehen sich zahlreiche Prozesse, Auseinandersetzungen und Disharmonien. Die Unbedingtheit, mit der Herles ihn verteidigt und reinwäscht, lässt Zweifel an der Unabhängigkeit des Autors aufkommen. Aber auch hier gilt: Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Wolfgang Herles
Felsen in der Brandung

Braunfels-Hildebrand

Benevento

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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