Christian Thielemann serviert Strauss-Lieder mit Garnierung

Christian Thielemann serviert Strauss-Lieder mit Garnierung

Franz Liszts symphonische Werke sind mit einer Ausnahme relativ unbekannt. Sein „Les Préludes“ diente den Nationalsozialisten als pompöse Untermalung für die Erfolgsmeldungen der Wehrmacht während des
2. Weltkrieges. Weniger martialisch sind des Komponisten erste symphonische Dichtungen, die Berg-Symphonie und Tasso, Lamento  e Trionfo.

Zwischen diese beiden Stücke platzierte Christian Thielemann eine Reihe von Orchesterliedern von Richard Strauss, einem von ihm besonders gepflegten Komponisten. Auch hier gilt, dass das Bessere der Feind des Guten ist, Liszts ambitionierte Tondichtungen sind interessant instrumentiert, aber dem Melodienreichtum der Strauss-Lieder deutlich unterlegen, sie dienen wie ein Salatblatt als Garnierung des Hauptgerichts.

Dass der Chefdirigent der Staatskapelle zyklische Aufführungen der Strauss-Lieder, aber auch solche der gesamten Tondichtungen Liszts plant, ist im ersten Fall hoch erfreulich, im zweiten eher eine Drohung.

Als Solistin für die Strauss-Lieder wählte man die Koloratursopranistin
Erin Morley, die bereits Erfahrung auf internationalem Parkett mitbringt. Morley nahm das Publikum im Sturm, neben ihrer ausgesprochen schönen Stimme verfügt die Sängerin auch über Charme und Ausstrahlung. Was ihr allerdings fehlt, ist das große Volumen, das Strauss seinen Sopranen abverlangt. Mit Ausnahme des Liedes „Amor“, das für einen Koloratursopran geschrieben ist, wirkte Morleys Interpretation zu eindimensional und auf die hohen Töne reduziert.

Als kleine Überraschung präsentierte Thielemann ein bisher unbekanntes Lied, „Die Nacht“, das nach einer Skizze in Strauss‘ Nachlass rekonstruiert wurde. Mit den zuvor gehörten Liedern konnte es allerdings nicht konkurrieren.

Christian Thielemann untermauerte auch mit diesem Konzertprogramm seinen Ruf als Schwimmer gegen den Strom. Den Musikern der Staatskapelle boten die Stücke Liszts jedenfalls Gelegenheit, ihre Virtuosität an allen Pulten auszuspielen, und ihre Harmonie mit dem Chefdirigenten erneut zu demonstrieren. Was will man mehr?

Abonnementkonzert VIII Staatskapelle Berlin

Franz Liszt
Symphonische Dichtungen 1 und 2

Richard Strauss
Orchesterlieder

Staatskapelle Berlin
Erin Morley  Sopran
Christian Thielemann  Dirigent

Staatsoper Unter den Linden, 5. Juli 2025

Christian Thielemann, Staatskapelle Berlin | Konzert zum Jahreswechsel am 31. Dezember 2024 (c) Stephan Rabold

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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