Barbara Hannigan verzaubert mit Strawinskys Barock-Oper bei den Dresdner Musikfestspielen

Barbara Hannigan verzaubert mit Strawinskys Barock-Oper bei den Dresdner Musikfestspielen
© www.barbarahannigan.com

Was für eine erfrischende und amüsante Angelegenheit diese 1951 in Venedig uraufgeführte, musikalisch völlig anachronistische Oper ist, war an diesem Abend im Rahmen der Dresdner Musikfestspiele wieder einmal festzustellen.

Inspiriert von einer Reihe von Stichen Hogarths entwickelte der Komponist die Idee, ein Werk im Stil der Zeit dieser Bilder zu schreiben. Entstanden ist eine Oper, die einige wahre Ohrwürmer enthält und erfreulicherweise in den letzten Jahren wieder verstärkt im internationalen Repertoire anzutreffen ist. Kein Wunder, verfügt sie doch über äußerst dankbare Rollen, eine überschaubare Orchesterbesetzung und eine Musik, die alles andere als atonal ist.

Das kanadische Multitalent Barbara Hannigan, sowohl als Sängerin, als auch als Dirigentin erfolgreich international unterwegs, verfolgt keineswegs nur ihre eigene Karriere, das von ihr gegründete Mentoring-Programm Equilibrium Young Artists ist derzeit mit Gastspielen in Paris, Amsterdam, Hamburg und eben Dresden unterwegs und bietet jungen Künstlern die Gelegenheit, erste Erfahrungen zu sammeln..

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Im akustisch und optisch hervorragend gelungenen neuen Konzertsaal im Dresdner Kulturpalast wurde Strawinskys Oper in einer halb szenischen, originell eingerichteten Version aufgeführt. Hannigan hat dafür eine Gruppe noch junger Sänger ausgewählt, die noch ziemlich am Anfang ihrer Karrieren stehen. So konnte man erfreut Bekanntschaft mit unverbrauchten, jungen Stimmen machen, die aber trotzdem ihr Metier bereits sicher beherrschen.

Die zweifellos dankbarste Rolle in dem Stück hat die weibliche Heldin Ann Truelove. Ihr hat Strawinsky eine prachtvolle, nach barockem Muster in Rezitativ, langsamen Teil und Cabaletta gegliederte Arie in den Mund gelegt, die auch an diesem Abend, interpretiert von Sofie Asplund ihre Wirkung nicht verfehlt, und der Sängerin Gelegenheit gibt, ihren schlanken, schlackenlosen Sopran vorteilhaft zu präsentieren.

© Bence Barsony

Der Negativ-Held Tom Rakewell ist mit dem ungarischen Tenor Gyula Rab absolut rollendeckend besetzt, neben seiner agilen, höhensicheren Stimme kann er durch blendendes Aussehen und große Spielfreude punkten. Sein Gegenspieler, der teuflische Nick Shadow wird von Douglas Williams zwar sehr gut gesungen, bleibt aber im Gesamteindruck blasser, was ebenso für die Türkenbab von Marta Swiderska wie den Vater Truelove von Erik Rosenius gilt. In der kleinen Rolle des Auktionators Sellem kann sich der Tenor James Way mit Witz und sehr beweglicher Stimme gut behaupten. Den Counter, der hier die Rolle der Mother Goose übernahm, verschweigt uns das Programmheft leider.

Barbara Hannigan hat den gesamten Apparat von Orchester, Chor und Ensemble ausgezeichnet im Griff, man kann ihr förmlich das Vergnügen an diesem Werk anmerken. Am Ende einer Szene müssen Rakewell und Shadow laut, mit notierten Notenwerten lachen. Hannigan dehnt dieses melodische Lachen auf das Orchester, den Chor und sich selbst aus. Ein origineller Einfall, der auch vom Publikum amüsiert wahrgenommen wird. Unter herzlichem, ja begeistertem Beifall geht der Abend zu Ende.

Kulturpalast Dresden, 27. Mai 2019
Igor Strawinsky,  The Rake’s Progress

Zuerst veröffentlicht bei www.klassik-begeistert.de

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