“Ariodante” aus Salzburg: Die Bartoli mit Bart

“Ariodante” aus Salzburg: Die Bartoli mit Bart

Dieser Mitschnitt von den Salzburger Pfingstfestspielen 2017 macht nun auch einem breiten Publikum diese erfolgreiche Produktion zugänglich.

Händels Oper um die schottische Königstochter Ginevra und den Ritter Ariodante, deren Verbindung durch eine Intrige beinahe verhindert wird, sich aber schließlich doch zu einem versöhnlichen Happy-End entwickelt, ist geradezu gespickt mit virtuosen Bravourarien. Entsprechend gefordert sind die Protagonisten, die alle zu Höchstleistungen auflaufen.

Allen voran die unverwüstliche Cecilia Bartoli, die über die Jahre noch an Virtuosität zu gewinnen scheint. Bartoli legt die Hosenrolle des Ariodante bewusst androgyn und etwas verrätselt an. Der böse Intrigant Polinesso ist mit dem brillanten französischen Countertenor Christophe Dumaux luxuriös besetzt. Seine Stimmlage steigert die Genderverwirrung des Stückes noch mehr, man erlebt ein interessantes Spiel mit Geschlechterrollen, sehr passend zum aktuellen Stand der Diskussionen.

Kathryn Lewek ist Ginevra und leiht dieser Partie den frischen Schmelz ihres hohen lyrischen Soprans. In den Duetten mit Bartoli verbindet sich ihr Timbre vorzüglich mit deren reifem Mezzosopran. Die aus Liebe zu Polinesso zur Verschwörerin gewordene Dalinda wird von Sandrine Piau mit klarem, schön timbrierten Sopran verkörpert, auch dieser Rolle verlangt die Musik Händels einiges an Phrasierungskunst ab. Der etwas ältliche König von Schottland findet in Nathan Berg einen etwas knorrigen Interpreten, als Rollenporträt ist er aber sehr stimmig gestaltet. Vokaler Schwachpunkt ist der Lurcanio von Rolando Villazón. Der einstmals berühmte Tenor, der mittlerweile zwischen Tenor- und Baritonfach beständig wechselt, liefert beinahe ein Lehrbeispiel ab, wie man virtuose Arien unter Vermeidung aller wirklich hohen und tiefen Töne singen kann.

Das Ensemble Les Musiciens du Prince-Monaco unter Gianluca Capuano erweist sich als höchst kompetent für diese virtuose Oper Händels. Es gelingt allen Beteiligten, bei der mit deutlich über drei Stunden doch sehr langen Oper den Spannungsbogen zu halten.

Letzteres ist aber auch der Verdienst des Regisseurs Christof Loy. Die Fülle seiner originellen Einfälle, die teilweise mit Humor, gleichzeitig aber auch großem Ernst die Handlung illustrieren, scheint unerschöpflich. Die Szene kommt mit wenigen Versatzstücken aus, bevorzugt wird vor weißen Wänden und Türen agiert. Was man aus dieser Verknappung der Mittel herausholen kann, zeigt die Meisterschaft des Regisseurs Loy. Die unaufdringlich dekorative Choreographie von Andreas Heise kann man ebenfalls als Pluspunkt verbuchen, Johannes Leiackers dezente Bühnenbilder geben der Inszenierung den passenden Rahmen. Kaum zu glauben, wie originell und kurzweilig Barockoper sein kann!

Georg Friedrich Händel, ARIODANTE

Les Musiciens du Prince-Monaco
Gianluca Capuano

Unitel  802408

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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