Mariss Jansons dirigiert einen heiteren, lyrischen Bruckner

Mariss Jansons dirigiert einen heiteren, lyrischen Bruckner

Der 2019 verstorbene Chefdirigent des Münchner Orchesters hat in den fruchtbaren Jahren seiner Tätigkeit ein breites Repertoire von Komponisten und Werken aufgeführt. Der Bayerische Rundfunk bewahrt in seinem Archiv Mitschnitte all dieser Konzerte, nach Jansons Tod kommen nun immer mehr Zeugnisse seines musikalischen Vermächtnisses zutage. Mit den Symphonien Anton Bruckners hat Jansons sich intensiv beschäftigt, einige seiner Interpretationen sind bereits auf dem BR Klassik-Label erschienen.

Neu erscheint in diesen Tagen der Mitschnitt eines Konzertes vom Januar 2015 aus dem Münchner Gasteig, in dem Jansons die sechste Symphonie Bruckners dirigierte. Diese Symphonie nimmt im Schaffen Bruckners einen besonderen Platz ein. Entstanden 1879/80 fällt die Komposition in eine glückliche Lebensphase des Komponisten. Er unterrichtete an der Universität, hatte insgesamt an Respekt und Selbstbewusstsein gewonnen. Im Jahr 1880 konnte Bruckner seine erste Urlaubsreise unternehmen, sie führte ihn in die Schweiz, wo er vor allem von der majestätischen Bergwelt beeindruckt war. Es dauerte noch bis zum Herbst 1881, dann war die Sechste vollendet. Anders als bei den meisten seiner Symphonien hat Bruckner diese Partitur nicht mehr revidiert oder verändert.

Jansons’ Herangehensweise ist eher lyrisch, schon im ersten Satz arbeitet er bevorzugt die lyrischen Details heraus und widmet sich mehr den oft vernachlässigten Seitenthemen, was dem Gesamteindruck aber auch viel von der Wucht nimmt, die in dieser Musik durchaus angelegt ist.

Mit großem feierlichen Ernst durchmisst Jansons das Adagio, fächert die polyphonen Strukturen gekonnt auf. Das Scherzo schließlich scheint in seiner kunstvollen Verspieltheit der Grund dafür zu sein, warum diese Symphonie oft als „keck“ oder gar heiter bezeichnet wird.

Im Finale nimmt die Musik einen langsamen Weg hin zu den jubelnden Fanfaren des Schlusses. Auch hier arbeitet Jansons eher die Kleinteiligkeit der Struktur heraus, verliert sich manchmal zu sehr im Detail, bleibt damit aber seinem persönlichen Bruckner-Stil treu.

Für Verehrer Jansons’ ein Muss, für Liebhaber der Bruckner’schen Symphonien eine interessante, etwas andere Lesart.

Anton Bruckner, Symphonie Nr.6
BR Klassik 900190

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Mariss Jansons

zuerst erschienen bei http://www.klassik-begeistert.de

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